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Interview mit Christoph Büscher

„Es ist bereichernd, sich zu Themen auszutauschen, die alle angehen“

Der Industrieverband Garten feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Seit neun Jahren ist Christoph Büscher Vorsitzender des IVG. Wir haben das zum Anlass genommen, mit ihm über die Verbandsarbeit, vergangene Krisen und die aktuellen Herausforderungen zu sprechen.

von Das Interview führte Christoph Killgus, Redaktion DEGA erschienen am 06.11.2023
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Zur Person
Christoph Büscher,
Chief Marketing Officer bei der Hauert HBG Dünger AG, ist seit 2014 Vorsitzender des Industrieverbands Garten. Der IVG vertritt die Interessen der Hersteller von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern in der grünen Branche fu¨r den Hobby- und den Profimarkt. Er vereint derzeit über 150 Mitgliedsunternehmen und setzt sich auf allen Ebenen fu¨r deren Belange ein. Innerhalb des Verbandes arbeiten sechs Fachabteilungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Garten Lifestyle, Garten- und Rasenpflegegeräte, Lebendes Grün, Pflanzenernährung, -gesundheit und -pflege, Profigartenbau und Substrate, Erden, Ausgangsstoffe. ivg.org
Herr Büscher, Sie kommen ursprünglich nicht aus der grünen Branche und sind dennoch in Ihrem ganzen Berufsleben in der Agrar- und Gartenwelt zu Hause. Wie kommt das? Mein Vater hat seine komplette Karriere bei John Deere gemacht und ich bin mit den Firmenfarben Grün-Gelb aufgewachsen. Als Jugendlicher wollte ich natürlich auf keinen Fall in der gleichen Firma arbeiten wie mein Vater, sondern etwas komplett anderes machen. So habe ich Jura studiert und auch beide Staatsexamen gemacht. Allerdings habe ich keinen einzigen Tag in diesem Beruf gearbeitet. Stattdessen bin ich doch gleich bei John Deere gelandet. Dort war ich zunächst für den Bereich Ersatzteile und dann für Spezialtraktoren für den Obst- und Weinbau zuständig. Die Tätigkeit führte auch zu Auslandsaufenthalten in Italien und in den USA. Später war ich dann bei Sabo, damals einer 100-prozentigen Tochter von John Deere, als Vertriebsleiter tätig.
Jahrelang habe ich dafür gearbeitet, Gras abzuschneiden – jetzt setze ich mich dafür ein, dass es möglichst gut wächst. Christoph Büscher
Durch die Agrartechnik bin ich also in die grüne Branche hereingekommen und habe festgestellt, dass ich mich in dieser wirklich wohlfühle und in ihr bleiben möchte. In der Zeit bei Sabo habe ich den IVG kennengelernt. Als Sabo verkauft wurde, bin ich zu Hauert gewechselt und von der Technik zu den Düngern gekommen. Scherzhaft gesagt: Jahrelang habe ich dafür gearbeitet, Gras abzuschneiden – jetzt setze ich mich dafür ein, dass es möglichst gut wächst! Schon immer sind Sie viel unterwegs gewesen. Arbeiten außerhalb des Büros ist also für Sie nichts Ungewöhnliches. Weil ich viel auf Reisen bin, habe ich bis heute immer wieder auch Home-Office-Zeiten und Bürozeiten unterwegs. Das hilft zwischen verschiedenen Terminen. Ich brauche aber immer wieder auch unbedingt die Zeit im Büro mit den Kolleginnen und Kollegen, um mich direkt mit ihnen auszutauschen. Ich brauche nicht nur Homeoffice oder nur Büro – ich brauche beides. Die Mischung macht es! Sie sind nun schon einige Jahre ehrenamtlich im Verband aktiv. Lastet Sie Ihre berufliche Tätigkeit nicht aus? Bei diesem ehrenamtlichen Einsatz ist es nicht so, dass sich dieser komplett von meinem beruflichen Engagement unterscheidet. Denn ich bin ja jeweils im gleichen Markt und der gleichen Branche tätig, nur eben unter anderen Vorzeichen. Natürlich ist es eine Herausforderung, die Zeit für einen Verband mit der beruflichen Arbeit unter einen Hut zu bringen. Ich habe es aber immer als bereichernd empfunden, über die Verbandsarbeit mit anderen zusammenzukommen und mich auszutauschen. Es ist auch immer eine Freude, wenn wir uns im engeren oder erweiterten Vorstand treffen und zu Themen austauschen, die alle angehen. Insofern mag ich mein Engagement für den Verband gar nicht als so große Leistung herausstellen, denn ich profitiere persönlich sehr davon. Es lohnt sich immer, gemeinsam mit anderen unterwegs zu sein und nicht nur auf dem eigenen Hof zu bleiben.
Ich habe es aber immer als bereichernd empfunden, über die Verbandsarbeit mit anderen zusammenzukommen und mich auszutauschen. Christoph Büscher
Nun ist diese Sicht leider gar nicht allgemein verbreitet. Viele Verbände haben heutzutage Schwierigkeiten, genügend Engagierte zu gewinnen. Wie erleben Sie das beim IVG? Unsere Erfahrungen sind zum Glück positiv. Wir können unsere Ämter besetzen. Für den IVG habe ich immer den Eindruck gehabt, dass es genug Unterstützung für die Arbeit gibt. Das steht und fällt einfach mit dem Verständnis für die Sinnhaftigkeit und mit der Kultur, die in einem Verband gepflegt wird. Und offensichtlich meinen die Mitglieder, dass sich eine Beteiligung lohnt. Sehr hilfreich ist dabei, dass wir mit Anna Hackstein auch eine sehr dynamische und gut organisierte Geschäftsführerin haben, die die ehrenamtlichen Mitarbeitenden unterstützt und entlastet. Zum Industrieverband Garten (IVG) selber: Wen vertritt dieser, wer sind die Mitglieder? Die Zahl von 15 Mitgliedern zum Start des Verbands hat sich in 50 Jahren verzehnfacht. Wir sind heute gut 150 Mitglieder. Was typisch für unsere Verbandsstruktur ist, das ist die Vielfalt der Mitglieder. Wir haben ein ganz breites Band durch die grüne Industrie in Deutschland. Wir haben auf der einen Seite das Thema Gartenlifestyle – Blumentöpfe, Deko, Grills sind ganz wichtig. Die Motorgeräte bilden eine sehr große Fachabteilung. Dann haben wir Hersteller aus den Bereichen Pflanzen, Pflanzenernährung, Pflanzenschutz, Erden und Ausgangsstoffe. Zum IVG gehört seit 2019 auch die Abteilung Profigartenbau, die aus der früheren INDEGA kommt, welche sich damit dem IVG angeschlossen hat. Das war und ist für beide Seiten eine gute Sache. Worin bestehen die wichtigsten Aufgaben des Verbands? Die Verbandsarbeit ist sehr vielfältig. Ein moderner Verband muss Dienstleister für seine Mitgliedsfirmen sein. Das war schon immer so, rückt aber heute immer mehr in den Mittelpunkt. Ein Verband muss heute vor allem mit der großen Geschwindigkeit zurechtkommen, in der sich Themen, Herausforderungen und Krisen abwechseln. Dazu kommt die Beschäftigung mit zahlreichen gesetzlichen Regelungen und Veränderungen der Spielregeln. Die Bearbeitung dieser Herausforderungen ist gleichzeitig die Klammer über die breite Mitgliederstruktur des IVG. Bei diesen Themen, die alle angehen und die zentral geregelt werden können, steht der Verband an der Seite der Unternehmen. Zu den Aufgaben des IVG gehört auch, eine Brücke zu schlagen zu den Handelsverbänden, zu anderen Organisationen und teils auch internationale Netzwerke zu pflegen.
© IVG
Zu den Mitgliedern: Inwiefern spielt die Verortung in Deutschland für eine Mitgliedschaft eine Rolle? Bei uns geht es in der Satzung um den deutschen Gartenmarkt. Dabei haben wir unter unseren Mitgliedern natürlich viele, die international unterwegs sind. Entscheidend für die Mitgliedschaft ist, dass das Unternehmen hier in Deutschland direkt aktiv ist, entweder mit einer eigenen Marke oder einer eigenen Organisation. Es muss sich dabei auch um einen Produzenten handeln, der IVG ist kein Händlerverband. Wir haben also zwei wesentliche Kriterien: Wir sind für Hersteller da und wir konzentrieren uns auf den deutschen Markt. Natürlich haben wir auch Unternehmen als Mitglieder, die aus anderen Staaten kommen, aber hier in Deutschland eine Niederlassung haben. Wenn Wettbewerber in einem gemeinsamen Verband zusammenkommen, ist das eher hilfreich oder eher schwierig? Es ist absolut hilfreich für alle, wenn im Verband ein ganzes Wettbewerbsumfeld vertreten ist. Dann wird ein fairer Wettbewerb leichter Wirklichkeit, denn dann hält sich jeder eher an gute Spielregeln. Wenn sich Wettbewerber im Verband begegnen und persönlich kennen, geht man auch am Markt fair miteinander um. Als Verband achten wir selbstverständlich auch darauf, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden und alle Mitglieder in gleicher Weise agieren. Inwieweit haben IVG-Mitglieder bei der Neuaufnahme von Mitgliedern ein Mitspracherecht? Es mag ja teils Wettbewerbsängste geben. Wir haben in unserer Satzung dieses Thema weitgehend objektiviert. Es darf keinen Nasenfaktor geben. Entscheidungen sollen nicht aufgrund von Befindlichkeiten getroffen werden. Auch Wettbewerb darf kein Ausschlussgrund sein, denn natürlich versammeln sich in einem Verband immer auch Wettbewerber, über die Vorteile haben wir ja eben gesprochen. Wenn ein Unternehmen die Anforderungen der Satzung und des Regelwerks erfüllt, kann es auch Mitglied werden. Natürlich bespricht der Vorstand einen Antrag und prüft, ob das alles im Blick auf den Verband passt. Aber auch da geht es um objektive Kriterien.
Würden wir Unternehmen ausschließen, würde der Wettbewerb deshalb nicht kleiner werden. Klüger ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Christoph Büscher
Inwiefern spielen chinesische Unternehmen eine Rolle? In der Wirtschaft gibt es da ja teils eine besondere Furcht. Große Unternehmen aus China sind über deutsche Niederlassungen teils schon Mitglied bei uns. Wer in Deutschland seriös und relevant auf dem Markt ist, kann selbstverständlich Mitglied werden. Das hat auch für alle Beteiligten Vorteile, wenn man sich kennt und miteinander spricht. Und sehen wir es ganz nüchtern: Würden wir hier Unternehmen ausschließen, würde der Wettbewerb deshalb nicht kleiner werden. Klüger ist, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Wegen der vielen unterschiedlichen Mitglieder im IVG gibt es mehrere Fachgruppen. Können Sie zu diesen ein paar Worte sagen? Die Fachgruppen sind eine große Stärke des IVG. Sie ermöglichen uns, trotz der Unterschiedlichkeit der unternehmerischen Felder den Firmen eine solide und qualifizierte Betreuung, Beratung und Begleitung zu bieten. Denn natürlich geht es da schon um teils recht unterschiedliche Fragestellungen. Für alle, die nahe an der gärtnerischen Produktion sind, ist beispielsweise das Thema Torf und Torfersatzstoffe seit vielen Jahren ein großes Thema. Der Torf ist ein gutes Beispiel für ein Thema, bei dem es nicht einfach ist, differenziert zu agieren. Ja, das Thema darf man nicht nur schwarz oder weiß sehen. Und genau das zeichnet auch eine gute Interessenvertretung aus, die wir pflegen. Wir haben Unternehmen dabei, die komplett torffrei sind. Wir haben solche, für die und deren Kunden der Torf noch unersetzbar ist. Andere sind im Übergang. Die Frage der Verfügbarkeit und der Qualität von Rohstoffen beschäftigt dabei sehr, ebenso die Logistikkosten. Teilweise kommen die Rohstoffe ja von sehr weit her. Uns ist wichtig, mit dem, was wir als Interessenvertretung verstehen, dass die Politik alle Aspekte eines Themas kennt und dann solide Entscheidungen treffen kann. Wie ist das mit den Themen in den anderen Fachgruppen? Vor einiger Zeit hat für die Pflanzenernährung das Thema umhüllte Dünger und Mikroplastik eine Rolle gespielt, das ist derzeit etwas in den Hintergrund getreten. Die Regulierung ist hier nicht einfach. Bei den Motorgeräten war schon vor einigen Jahren die Robotik angesagt, auch da ist es etwas ruhiger geworden. Das Thema Akku ist jetzt weitgehend etabliert und auch nicht mehr ganz neu, viele Fragen konnten hier gelöst werden. Die Nachhaltigkeit ist ein Thema, das alle betrifft. Bei der Nachhaltigkeit ist mir wichtig, dass diese ehrlich und solide umgesetzt wird, auch undogmatisch. Über Nachhaltigkeit selbst reden wir ja bestimmt schon seit über 20 Jahren. Leider ist der schöne Begriff teilweise doch etwas abgegriffen und wird für Green Washing auch immer mal missbraucht. Wer es ernst meint mit der Nachhaltigkeit, muss auch damit umgehen, dass das Thema sehr komplex ist. Zur Nachhaltigkeit gehört auf jeden Fall auch die Wirtschaftlichkeit. Es geht bei uns darum, dass unsere Unternehmen Produkte schaffen, mit denen die Leute Freude in ihrem Garten haben und die Produktion gleichzeitig einen möglichst geringen Impact hat. Dabei darf man auch nicht vorschnell nur auf bestimmte Produktlösungen schauen. Je nach Anforderung kann es durchaus sein, dass der Einsatz von mineralischem Dünger nachhaltiger ist als der Einsatz organischer Dünger. Auch das Thema Rasen ist für mich ein gutes Beispiel, dass man mit Nachhaltigkeit differenziert umgehen muss. Rasen ist zuletzt in die Kritik geraten, weil dort nichts blüht. Aber es ist eine wichtige Fläche sowohl für den privaten als auch den öffentlichen Raum. Wir reden davon, dass wir mehr Zeit draußen verbringen und aktiv gestalten wollen und das auch gemeinsam mit anderen Menschen. Das ist entweder auf einer gepflasterten Fläche oder eben auf dem Rasen möglich, aber nicht auf einer Wildblumenwiese. Der Rasen spielt in mancherlei Hinsicht also eine ganz wichtige Rolle. Es hilft nichts, da nur einseitig emotional zu diskutieren. Als Verband behandeln wir Unternehmen natürlich nicht unterschiedlich, je nach vermeintlich größerer oder geringerer Nachhaltigkeit. Es steht uns auch nicht zu, bei der Firmenstrategie mitzureden und uns da einzumischen. Konkret diskutiert wird dabei in den Fachabteilungen, wo sich die Firmen von ihrer Aufstellung näher sind. Das nutzen die Unternehmen auch. Wenn wir auf die letzten Jahre zurückblicken: Der Gartenmarkt hat von der Coronazeit profitiert. Wie haben die IVG-Firmen diese Zeit erlebt? Die Coronazeit würde ich in drei Phasen einteilen. Am Anfang gab es den großen Schreckmoment. Die erste Phase hatte ja auch etwas sehr Bedrohliches, als auf einmal ganz vieles nicht mehr ging. In der zweiten Phase hat sich dann vieles eingespielt. Die Heimarbeit hat viel besser funktioniert als am Anfang und neue Abläufe haben sich eingespielt. Weil die Wirtschaft weitergelaufen ist und die Dinge funktioniert haben, behielten die Leute auch ihre Kaufkraft. Weil sie nicht in den Urlaub fahren konnten, haben sie das Geld für die Gartenausstattung eingesetzt. In der dritten Phase hat sich das Blatt allerdings wieder zum Schwierigen gewendet, mit Ressourcenmangel und Logistikproblemen. Chinesische Häfen waren blockiert, Container standen still. Mittlerweile wünscht man sich die Schwierigkeitsstufe der Coronazeit schon wieder zurück, denn das war ein Kindergeburtstag im Vergleich zu dem, was wir heute haben – wobei natürlich die vielen Gesundheitsprobleme bei Betroffenen in keiner Weise verniedlicht werden sollen. Aber jetzt haben wir eine Situation, in der sich eine Krise an die andere reiht.
Aber es war schon eine Herausforderung, von dem Hoch für die Branche in der Coronazeit in eine Zeit des Abschwungs zu gehen. Christoph Büscher
Wie stellt sich die Markt- und Absatzlage mittlerweile dar? Die ist geprägt von der Überlagerung mehrerer Problemfelder. Da ist der Krieg in der Ukraine, jetzt ganz aktuell der Krieg in Israel, der für ein ohnehin schwankendes System noch mehr Unsicherheit bringt. Die Inflation scheint sich allmählich zu beruhigen, aber von Preisrückgängen in größerem Stil kann man nichts sehen. Die Kaufkraft ist geschwächt. Nicht wenige Menschen haben Schwierigkeiten, ihre Lebenshaltungskosten zu decken. Das hat natürlich auch einen Einfluss auf den Gartenmarkt. Und so haben wir das erste Mal in der jüngeren Vergangenheit die Situation, dass der Gartenmarkt schrumpft. Möglicherweise stehen wir dabei immer noch besser da als andere Branchen. Ich bin auch optimistisch für die kommende Saison 2024, dass sich da vieles wieder einpendeln und besser laufen wird. Aber es war schon eine Herausforderung, von dem Hoch für die Branche in der Coronazeit in eine Zeit des Abschwungs zu gehen. Wie erleben Sie die Mitarbeiter- und Fachkräftesituation? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Wir haben ja aktuell einen Arbeitnehmermarkt, weil Fachkräfte fehlen. Immer wieder sind Stellen offen. Und wenn Stellen ausgeschrieben werden, gibt es teilweise nur ganz wenige solide Bewerbungen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich die Situation derzeit auch wieder ein Stück weit verändert. Das hat mehrere Gründe: Arbeitnehmer sind heutzutage selbstbewusster, sie wissen vom Fachkräftemangel und nutzen mehr als bisher die Chance, mit einem Stellenwechsel anderswo weiterzukommen. Gleichzeitig steigt der Arbeitsdruck für die Mitarbeiter in den Unternehmen. Auch das führt zu einer höheren Wechselbereitschaft, wodurch wieder mehr suchende Kräfte auf dem Markt sind, die für interessante Arbeitsangebote offen sind. Heute suchen also mehr als früher Leute, die in ungekündigter Stellung sind, nach einer neuen aussichtsreichen Stelle. In der Coronazeit hat der IVG die Aufgabe eines Mittlers zwischen den Lieferanten, den IVG-Mitgliedern, und dem Handel übernommen. Hier wurde beispielsweise für Verständnis geworben und für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Was ist davon übrig geblieben? Anna Hackstein macht als IVG-Geschäftsführerin einen sehr guten Job und ist auch bei dieser Aufgabe sehr aktiv. In der Krisenzeit ging es intensiv um Austausch und Kontakt mit dem Handel und anderen Stakeholdern. Da haben wir gute gemeinsame Wege gefunden. Natürlich gibt es immer mal auch Fälle, wo es zwischen Industrie und Handel knirscht. Dann ist gute Kommunikation gefragt und die ist uns wichtig. Während der Pandemie haben die grünen Verbände eng und gut zusammengearbeitet und damit auch viel erreicht (IVG/VDG/BHB/ZVG und andere). Ist mittlerweile jeder Verband wieder zu seinen eigenen Baustellen zurückgekehrt? Vor, während und nach der Krise hat natürlich jeder Verband seine eigenen Interessen und auch seine eigenen Positionen. Das ist auch weiterhin so. Ich würde die Frage nun gar nicht so sehr an der Krise festmachen. Im IVG liegt uns ganz allgemein an einem guten und konstruktiven Miteinander. Das ist durch die Krise sicherlich ein Stück weit besser geworden. Es gibt immer wieder gemeinsame Vorstandssitzungen oder Austausch oder auch gemeinsame Veranstaltungen. Die Krise hat gezeigt, wie wichtig ein gutes Netzwerk und konstruktive Zusammenarbeit sind. Wie erleben die IVG-Mitglieder die Inflation, die sich allmählich abzuschwächen scheint? Wie sieht es mit den Kostensteigerungen aus? Im Bereich Düngemittel und Pflanzenernährung haben die Rohstoffpreise eine sehr große Rolle gespielt. Wir sehen jetzt seit einiger Zeit eine gewisse Entspannung am Rohstoffmarkt. Da darf man gespannt sein, wie es weitergeht. Manche Preise sind wieder auf einem tragbaren Niveau. Viele vergessen allerdings, dass die Rohstoffpreise oft gar nicht die ganz entscheidende Größe sind. Die Energiepreise sind weiterhin hoch. Die steigenden Logistikkosten sind ein Riesenthema. Die Personalkosten sind deutlich gestiegen, gerade in den unteren Lohnklassen waren die Erhöhungen ja auch wichtig, damit die Mitarbeiter mit den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten zurechtkommen. Zudem ist die Inflation weiter hoch. Manche Kunden erwarten, dass mit zurückgehender Inflation die Preise deutlich zurückgehen, aber dem ist nicht so, das geht nicht. Mancher Lieferant hat zu recht hohen Preisen einkaufen müssen und kann auch deshalb nicht auf einmal einfach niedrigere Preise bieten. Die Amplitude bei allen Entwicklungen ist insgesamt viel größer als früher. Wir haben eine Achterbahnfahrt, bei der es nötig ist, sich schnell und flexibel auf neue Situationen einzustellen.
Wir haben eine Achterbahnfahrt, bei der es nötig ist, sich schnell und flexibel auf neue Situationen einzustellen. Christoph Büscher
Sie sprechen die Logistik an: Wie sehen Sie da die Situation? Hier gab und gibt es immense Preissteigerungen und einen Mangel an Fahrern. Spannend werden könnte, dass viele heute noch kurzfristiger für den eigenen Bedarf einkaufen. Der Gartenmarkt lebt ohnehin stark vom saisonalen Geschäft. Die Vororderphasen könnten sich also weiter zuspitzen, weil Kunden versuchen, immer kurzfristiger einzukaufen. Das ist allerdings auch gefährlich, denn wenn die nächste Saison, was zu erwarten ist, gut laufen wird, kann nicht ohne Weiteres jeder kurzfristig geäußerte Bedarf gedeckt werden. Wenn Sie den IVG in fünf Jahren sehen – was ist Ihre Vision? Bei der Achterbahn, über die wir sprachen, sind fünf Jahre tatsächlich ein maximaler Horizont. Von der Ausrichtung und Stoßrichtung ist der IVG gut aufgestellt. Wir haben eine gute Mischung zwischen etablierten Strukturen und einer Bereitschaft für Innovationen. Wir müssen uns dabei nicht jedes Jahr komplett neu erfinden. Ich sehe für unseren Verband, dass er auch für die Zukunft beides hat: solide funktionierende Strukturen und die Offenheit für neue Entwicklungen und Wege. Das lässt mich optimistisch nach vorn schauen!
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