
Gartencenter als Gastgeber mit grünem Daumen
Fachliches Know-How ist nicht mehr der Magnet, der Kunden ins Gartencenter zieht, sondern eher Hygiene-Faktor. Für die anspruchsvolle Kundschaft ist der Gang ins Gartencenter zunehmend ein Freizeiterlebnis. Entsprechend anders sieht das Profil des Mitarbeiters auf der Fläche, die Warenpräsentation und die Aktivitäten des modernen Gartencenters aus.
von Miriam J. Hohenfeldt, Burgen bei Koblenz erschienen am 12.05.2025Miriam J. Hohenfeldt ist Expertin für Vertrieb und Führung und nah dran am Alltag in vielen Gartencentern. In unserer Serie 2025 greift sie die aktuellen Herausforderungen auf der Verkaufsfläche auf – in insgesamt zehn Teilen, die in den Printausgaben von DEGA GRÜNER MARKT und in unserem Digitalformat Inside! erscheinen. Alle erschienen Artikel können Sie hier nachlesen.
Besonders seit der COVID-19-Pandemie haben viele Menschen das Gärtnern als neues Hobby entdeckt. Die Zeit, die sie zu Hause verbrachten, führte zu einem gesteigerten Interesse an der Gestaltung und Pflege von Gärten und Balkonen. Zudem ist das Gesundheitsbewusstsein deutlich gestiegen. Dies gilt sowohl für die gesundheitlichen Vorteile von Gartenarbeit als auch für den Verzehr selbst angebauter Lebensmittel, bei denen man sich einer geringen Schadstoffbelastung und gelebter Nachhaltigkeit sicher sein kann.
Insbesondere für die Kunden, die das Gärtnern erst für sich entdeckt haben, ist der Besuch im Gartencenter bereits Teil des neuen Hobbies und die Auswahl der Produkte erfolgt überwiegend emotional. Miriam J. Hohenfeldt
Gerade weil diese Themen teils völlig neue Zielgruppen ins Gartencenter führen, gilt es diesen Personenkreisen anders zu begegnen. Der Besuch selbst ist bereits Teil des neuen Hobbies und die Auswahl der Produkte erfolgt überwiegend emotional. Um die neu gewonnene Kundenschar langfristig im Gartencenter begrüßen zu können, bedarf es einiger neuartiger Ansätze und Strategien. Hier drei der wichtigsten Stellschrauben.
Die Mitarbeiter als Gastgeber
War es früher noch so, dass die Mitarbeitenden auf der Fläche vor allem aufgrund ihrer Expertise von der Kundschaft geschätzt wurden, so wird das Personal vor Ort heutzutage deutlich mehr in der Rolle eines „Gastgebers“ geschätzt. Ein guter Gastgeber im Gartencenter sollte vor allem freundlich und aufmerksam sein, um den Kunden ein angenehmes Einkaufserlebnis zu bieten.
Das bedeutet für Gartencenter: Das Personal auf der Fläche darf den Fokus deutlich stärker darauf legen eine angenehme und einladende Atmosphäre für die Kunden zu schaffen. Die Mitarbeitenden sollten betont dafür sorgen, dass sich die Kunden wohlfühlen, sie freundlich begrüßen, Unterstützung anbieten und darauf achtet, dass die Kunden sich gut betreut fühlen.
Es geht also deutlich mehr um Kundenbindung und das positive Einkaufserlebnis, darum eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Diese Anforderung schafft für das moderne Gartencenter die Möglichkeit, branchenfremdes Personal zu integrieren, dass Freude an genau dieser Betreuung von Kunden hat – auch wenn (noch) nicht so ausgeprägte Produktkenntnisse vorhanden sind.
Eine gastfreundliche Atmosphäre schaffen
Wenn es dem modernen Gartencenter vor allem darum geht, Einkaufserlebnisse zu schaffen und sich als Gastgeber zu verstehen, hat dies selbstverständlich auch Einfluss auf die Warenplatzierung. Ziel ist es, eine freundliche Atmosphäre zu schaffen, in der die Kunden gerne Zeit verbringen und sich gut betreut fühlen. Kurz gesagt: Die Warenplatzierung wird so gestaltet, dass sie die positive, gastfreundliche Atmosphäre unterstützt, den Einkauf angenehm macht und die Kunden dazu einlädt, sich im Laden wohlzufühlen.
Das bedeutet für Gartencenter: Es gilt, die Ware so zu platzieren, dass sie leicht zugänglich ist und die Kunden sich wohlfühlen, sie zu entdecken. Es muss verstärkt darauf geachtet werden, dass die Wege übersichtlich sind und die wichtigsten Produkte gut sichtbar und ansprechend präsentiert werden. Gerne auch in einer stärker bedarfsorientierten und weniger abteilungsorientierten Warenplatzierung. Sei es durch die Zusammenstellung von Pflanze, Pflanzgefäß und die Ergänzung von Werkzeugen und Zutaten für die weitere Verarbeitung selbst erzeugter Lebensmittel.
Oder die „Kuratierung“ von Geschenke-Sets, mit der auch Themenfremde bei deren Freunden und Bekannten punkten können. Dies bedeutet, dass der Erlebnisfaktor beim Einkauf im Gartencenter nicht zwingend zu stärkeren Personaleinsatz führen muss. Mit wohldurchdachten Konzepten und (Service-)Angeboten kann das positive Einkaufs-Erlebnis auch im Selbstbedienungsbereich deutlich ausgebaut werden.
Community statt Kundschaft
Kunden wollen sich mehr denn je mit Marken identifizieren und zu Produkt und Dienstleistungsanbietern „dazugehören“. Das moderne Gartencenter kann durch vielfältige Aktivitäten, digitale Vernetzung und echtes Engagement eine lebendige Community schaffen, die über den reinen Einkauf hinausgeht. Das schafft nicht nur Kundenzufriedenheit, sondern auch langfristige Bindung.
Das bedeutet für Gartencenter: Community-Building ist keine Frage ob, sondern wie genau man dies als zukunftsorientiertes Gartencenter gestalten möchte. Gemeinschaftliche Veranstaltungen und Events wie Workshops, Verkostungen, Themenabende oder Meet-and-Greets, bei denen Kunden sich treffen, austauschen und gemeinsam Erfahrungen sammeln können werden immer wichtiger.
Durch aktive Präsenz in sozialen Netzwerken, Foren oder eigenen Plattformen baut das Gartencenter der Zukunft eine Community auf, in der sich Kunden austauschen, Tipps teilen und sich verbunden fühlen. Mit personalisierten Angeboten und individueller Kommunikation gehen moderne Gartencenter auf individuelle Wünsche ein und geben personalisierte Empfehlungen. So fühlt sich die Kundschaft wertgeschätzt und stärker verbunden.
Kooperationen mit lokalen Unternehmen, Vereinen oder Initiativen stärken das Gemeinschaftsgefühl und zeigen, das Gartencenter als Teil der lokalen Gemeinschaft. Es gilt Kunden in Entscheidungen einzubeziehen, beispielsweise durch Umfragen, Feedbackrunden oder Mitgestaltungsmöglichkeiten. So werden das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation mit dem Gartencenter gefördert.
Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung dürfen nicht nur als Werbebotschaft kommuniziert, sondern durch konkretes Engagement für soziale Projekte oder nachhaltige Initiativen gelebt werden.
Stück für Stück umsetzen
So umfangreich die neuartigen Anforderungen an Gartencenter auch sind, bergen sie doch gleichzeitig jede Menge an Chancen und Möglichkeiten, damit auch aktuelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Personalkosten, Überalterung der Stammkundschaft, Gewinnung neuer Kundschaft, Abgrenzung zu Marktbegleitern und Umsetzung von Digitalisierung zu lösen.
Umso wichtiger ist es, die Umgestaltung und Einführung neuer Angebote und Services gut aufeinander abgestimmt und „Alltags-verträglich“ einzuführen. Wohl bedacht und Stück für Stück umgesetzt ist deutlich sinnvoller, als übereilt eine Einzel-Lösung nach der anderen auf die Fläche zu schicken. Wer sich langfristig als guter Gastgeber, mit Einkaufserlebnis und Community-Faktor präsentieren will, sollte gut vorbereitet sein!
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