
Das Gute ist so einfach
Am Ende zählt das Einfache und das Authentische: Man kann noch so viel Nippes in die Auslage legen – es wird nie die Verbindlichkeit von Bezugspersonen ersetzen, die die Geschichte zu den Produkten erzählen. Denn Menschen kaufen bei Menschen, ruft Tjards Wendebourg in Erinnerung.
von Tjards Wendebourg erschienen am 29.08.2024Wenn man professionell viel mit Handel zu tun hat, geht man ganz anders durch Läden und Gastronomiebetriebe. Letztere sind dabei oft noch anschaulicher, weil Produktqualität und Service deutlicher ins Gewicht fallen und damit quasi als pointierte Variante des Handels wirken. Schließlich sind im Handel zahlreiche Produkte vordefiniert, und Kunden dürfen für eine Reihe von Waren eine klare Vorstellung mitbringen, die dann ob der Einheitlichkeit der Produkte auch erfüllt wird. In der Gastronomie, wo Qualität und Service viel stärker von der Tagesform des Personals abhängen, ist das etwas anderes. Das ist einer der vielen Gründe, weshalb es die Gastronomie derzeit noch schwerer hat als der Handel.
Gerade weil Personal mittlerweile für alle ein Problem ist, waren meine letzten Gastro-Besuche meistens so „ok“. Schließlich reicht ein Fehler, eine ungeschickte Geste, um die Stimmung zu verderben. Desto mehr Eindruck hat bei mir unlängst der Besuch in einer Südtiroler Almhütte hinterlassen. Erstmal: Man fühlte sich willkommen. Zweitens: Das Personal war so jung wie die meisten Gäste, nicht voll professionell geschult, aber authentisch freundlich, ja fröhlich. Als Drittes war das Konzept überzeugend: Nur Produkte und Zutaten aus der Region, spannend verarbeitet. Holunderblütenliköre aus eigener Herstellung – Chapeau!
Das Größte war aber, dass der junge Koch auf Nachfrage nach dem Rezept an den Tisch kam und Lust darauf hatte, nach Ende seiner Arbeitszeit zwanzig Minuten über seine Philosophie bei der Herstellung von Likören zu fachsimpeln. Zum Schluss gab es einen „Bachelor“ aufs Haus – ein rosafarbener Aufgesetzter aus jungen Zirbenzapfen des umliegenden Waldes. Wir waren am Ende nicht nur von dem Flaschengeist beseelt, sondern auch von der perfekten Stimmigkeit; lange nicht mehr so selig aus einer Gastronomie gekommen.
Was können wir für den Handel lernen? Menschen kaufen bei Menschen und: Es schallt so aus dem Wald, wie man hineinruft. Zwei alte Weisheiten, die immer wieder auf manchen Spiegel geklebt gehören. Am Ende zählt das Einfache und das Authentische: Man kann noch so viel Nippes in die Auslage legen – es wird nie die Verbindlichkeit von Bezugspersonen ersetzen, die die Geschichte zu den Produkten erzählen. Das geht möglicherweise in Zeiten von Social Media annäherungsweise auch digital.
Wenn Sie übrigens mal im Vinschgau sind: Die Brugger Alm im Zerzertal ist mein Tipp. Und damit hat der Laden die Investition in mich als Gast auch schon raus.
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