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Gärtnerischer Fachhandel

Der Handel schläft einen „Dornröschenschlaf“

Der gärtnerische Fachhandel ist in einen Dornröschenschlaf gefallen und merkt nicht, dass er auch von tiefgreifenden Veränderungen betroffen ist, ist Michael Seuthe überzeugt. Mit dem folgenden Text will der Gartencenterunternehmer seine Kolleginnen und Kollegen wachrütteln.

von Michael Seuthe erschienen am 13.01.2025
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Zur Person
Michael Seuthe
ist Inhaber von vier Gartencenter-Standorten in der Hamburger Region (www.seuthes.de). Er engagiert sich ehrenamtlich unter anderem als Vorsitzender des Ausbildungsausschusses beim Wirtschaftsverband Gartenbau Niedersachsen/Bremen. Gemeinsam mit Jens Schachtschneider ist er Initiator der Ausbildungsinitiative TAG – Top Ausbildung Gartenbau und Gründer der Pflanzenschule. Kontakt: michael@seuthes.de

Krisenhafte Veränderungen in der Automobilindustrie, politische Handlungsunfähigkeit von Regierungen, ideologische Ziele, die an der Wirklichkeit vorbeischrammen – all diese Entwicklungen, so glauben viele in unserer Branche, werden uns schon nicht so hart treffen. Weit gefehlt! Veränderungen sind auch im Umfeld des Fachhandels unübersehbar.

CCs werden teurer

2025 wird die CC-Zentrale ihre Vertrags-CC mit neuen Schlössern ausstatten, um den Pool mal wieder besser zu schützen. Richtig so, sagen die meisten, Trittbrettfahrer müssen ausgegrenzt werden. Dabei ist es doch so, dass in der Saison bei den meisten von uns mehr Karren auf dem Hof bewegt werden, als in den eigenen Verträgen stehen. Man darf also gespannt sein.

Was aber kaum einer so richtig weiß: Die Kosten werden steigen. Wer noch aus alter Zeit eigene CC-Container in dem Pool unter Vertrag gestellt hat, verliert seine Karre mit Umhängen des neuen Schlosses an die Zentrale. Sie geht damit nämlich in deren Eigentum über. Ein CC wird dann kaum noch unter 20 Euro pro Jahr handelbar sein. Ein stolzer Preis und für die CC-Zentrale ein gutes Geschäft, wenn man sich vor Augen führt, dass so ein CC ohne Schloss mit drei Brettern für 45 Euro erworben werden kann.

Überzogene Margen

Die Personalkosten steigen – egal, wo wir auch hinschauen. In der Produktion setzen unsere Gärtner auf immer mehr Technik und schmalere Sortimente. Nun gut, das ist der Wandel der Zeit. Im Verkauf träumen wir aber immer noch von Fachberatung und gießen mit der Hand, um unseren Geschäftserfolg zu sichern. Jedem ist hoffentlich klar, dass wir in den nächsten 10 Jahren mit 20 % weniger gärtnerischen Fachkräften auskommen müssen, da wir sie schlichtweg nicht ausgebildet haben.

Geht man davon aus, dass eine Beratungsminute zwischen 0,5 –1 Euro kostet, ist es unvermeidlich, im Fachhandel mit Aufschlägen von 150 bis 400 % zu kalkulieren. Diese horrenden Handelsaufschläge sehen die produzierenden Gartenbaubetriebe beim Auszeichnen ihrer Pflanzen tagtäglich. In nahezu allen Branchen des Einzelhandels haben diese überzogenen Margen auf lange Sicht zum Scheitern geführt.

Der produzierende Gärtner bekommt zu wenig Geld für seine gute Ware und der Kunde im gärtnerischen Facheinzelhandel zahlt zu viel für die Pflanzen. Michael Seuthe

Logistik kostet, auch das weiß jeder, aber in unserer Branche scheint es keinen so richtig zu interessieren. Fleißig wird in den Onlineportalen unserer Großhandelsplattformen bestellt oder auf Messen geordert. Die Zeiten haben sich geändert, aber in unserer Branche ist das eigentlich kein Problem, denn der Preis ist ja frei Haus. Nur wenige interessieren sich für den Preis, den am Ende dieses Einkaufsweges der produzierende Gärtner bekommt. Der hat oft nur die Wahl: Sortiment verkleinern, Qualität runter, Technik rauf und Personal reduzieren. Denn eines ist klar, das sagt ihm der Handel ganz deutlich, Preise noch weiter erhöhen geht in diesen Zeiten auf keinen Fall.

Mehrweg nur, wenn der Handel verdient

Einweg- oder Mehrwegverpackung sind das Dornröschen-Schaflied unserer Branche schlechthin. Seit vielen Jahrzehnten gibt es sie, die Mehrwegverpackung, doch Einweg ist günstiger – das wissen die meisten von uns. Weit gefehlt, denn beispielsweise ein Floratino kostet im einmaligen Handling gerade mal 0,18 €. Einweg hingegen nur noch selten unter 0,30 €. Aber auch hier: alles kein Problem, denn die meisten Preise werden in unserem Großhandel ja inklusive Verpackung angeboten. Der kluge Kaufmann ist zufrieden, kann er doch an der Verpackung mit einer Spanne von 200 % richtig mitverdienen.

Planungen zum neuen Euro Plant Tray setzen dem Ganzen die Krone auf. Hier soll nun dem Gärtner auferlegt werden, diese Trays langfristig zu mieten, um dann die Kosten an den Handel weiterzugeben. Ich habe noch nie bei einem Gartenbaubetrieb Kosten für CC-Miete in Rechnung gestellt bekommen. Man darf gespannt sein. Vielleicht ist das der Grund, warum sich unsere Branche mit Mehrweg so schwertut. Die großen Player im Handel haben auf jeden Fall nur ein Interesse an einer Branchen-Mehrweglösung, wenn verdient werden kann, sonst hätten wir sie doch schon längst.

All diese Entwicklungen führen zu einem klaren Fazit: Der produzierende Gärtner bekommt zu wenig Geld für seine gute Ware und der Kunde im gärtnerischen Facheinzelhandel zahlt zu viel – armer Gärtner, armer Kunde. Nur ein kleines Beispiel am Rande, weit weg von kollegialer Nähe: Für ein Photinia-Spalier aus Italien, gezogen an einem von Hand gebundenem Bambusspalier verlangt ein kleiner Familienbetrieb 40 €. Diese Pflanzen stehen nun für 85 € auf einer Pflanzenmesse in Norddeutschland und werden möglicherweise mit einem Aufschlag von 200 % für 249 € in unserem Fachhandel angeboten – armer Gärtner, armer Kunde.

Zu teure CC-Kosten, unprofessionelle kleinteilige Bestellungen, aufwendige Logistik, ein gieriger Zwischenhandel und ein altmodischer, personalaufwendiger Einzelhandel werden unsere Gartenbauproduktion in eine Ecke treiben, die der Verbraucher signalisieren, Pflanzen sind ein teurer Luxus, oder Ramsch aus dem Supermarktregal. Michael Seuthe

Auch die Gartenbau-Branche steht vor großen Veränderungen. Machen Sie sich nicht abhängig von teuren Systemen, stellen Sie sich auf hohe Qualität mit wenig Personal ein. Suchen Sie den direkten Weg zum Produzenten und bilden Sie aus, auch wenn es viel Mühe und Geld kostet. Nur wer seine unternehmerischen Hausaufgaben macht, kann seinen Betrieb sicher in die Zukunft führen.

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