
Den Pflanzeneinkauf auf die Wetterkapriolen abstimmen
Die Saison ist sehr früh gestartet, war in den ersten Wochen aber von einem extrem schnellen Wechsel von umsatzstarken Wochen durch frühlingshaftes Wetter in einen witterungsbedingten Einbruch geprägt. Unter diesen Umständen immer die richtige Warenmenge auf der Verkaufsfläche zu haben, ist eine Herausforderung für den Fachhandel. Wie lässt sich diese meistern? Wir haben uns in der Branche umgehört.
von Grit Landwehr, Redaktion DEGA erschienen am 02.05.2024
© LandwehrDie Bestellabläufe sollen immer weiter automatisiert werden und natürlich immer mehr optimiert. Optimiert heißt für mich dann aber auch just in time – wenn ich es in bester Qualität an meine Kunden verkaufen kann. Oliver Mathys
Die Wetter-App kündigt für das Wochenende Grillwetter an. Wow toll, denke ich und gehe schnell zu EDEKA, um Passende einzukaufen. Und obwohl es bereits Freitag, 17 Uhr ist, finde ich in der Fleischtheke eine umfängliche Auswahl Dutzend verschiedener Fleischspieße, Steck in den verschiedensten Marinaden – alles, was das Herz begehrt. Und das Ende April, bei den gefühlten 5 Grad mit Hagelschauern. Aber ja, morgen kommt der Vorsommer zurück und der Metzger unseres Vertrauens weiß das.
Derzeit bin ich wieder auf großer Gartencentertour und während der zwei Kältewochen mit viel Regen und Schnee bis in die Niederungen, fand ich doch auf der einen oder anderen Verkaufsfläche so rund 20 CC mit Tomatensetzlingen, 10 CC mit Gurken, Auberginen & Co. vor. Der Verkauf dieser Pflanzen dürfte also stagnieren. Kunden, die trotz der Temperaturen zu Gemüsepflanzen greifen, haben nur sehr kleine Erfolgschancen – und das im Fachgeschäft.
Aus Neugierde frage ich dann oft nach: Woran es liegt? Na ja, letzte Woche haben wir bereits super verkauft, habe ich dann als Antwort bekommen. Da waren aber tagsüber auch 20 Grad und Nachts nicht weniger als 10 Grad, war meine Antwort. Ich hörte auch die Aussage: Unser Lieferant liefert nur mit fünf Tagen Vorlauf.
Ich weiß, die Bestellabläufe sollen immer weiter automatisiert werden und natürlich immer mehr optimiert. Optimiert heißt für mich dann aber auch just in time – wenn ich es in bester Qualität an meine Kunden verkaufen kann. Und wie ich als Gärtner gelernt habe, kann man Tomaten halt nicht gut halten, sie wachsen weiter und nachdem sie eine Woche im Laden gestanden haben, sind sie nicht besser geworden.
Das frage ich mich: Warum kann EDEKA es dann? Der Metzger meines Vertrauens sagte es mir: Zentrale und regionale Leitung steuern seit Jahren viel stärker mit Blick auf die Wettereinflüsse, dann werden Erfahrungswerte und zeitbezogene Einflüsse kombiniert und mit Lieferanten und Logistik offen kommuniziert – so machen die mich als Kunden glücklich und verdienen ihr Geld. Ach ja, apropos, auf den Preis achte ich dann weniger, denn wenn ich eine gute Auswahl, zum richtigen Zeitpunkt in frischer Qualität bekommen, greife ich zu.
Oliver Mathys ist Kenner der Branche und langjähriger Kolumnist bei DEGA GRÜNER MARKT. Für den Verband Deutscher Garten-Center (VDG) führt er die jährlichen Gartencenterinspektionen durch und ist in dieser Funktion in vielen Gartencentern unterwegs.
© privatIn enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Produzenten lassen sich Schlechtwetterphasen gut überbrücken. Silke Siebelist, Marburger Gartencenter
Wir hatten einen plötzlichen Start in die Saison, weil es ja sehr früh, sehr warm gewesen ist. Aber letztlich ist das ja jedes Jahr so, dass man im Voraus nie genau weiß, wann es losgeht. Deshalb starten wir schon am Jahresanfang mit den Vorbereitungen, schauen, dass die Bestellungen fertig sind und wir diese nur noch abrufen brauchen. Wir kaufen Pflanzen ausschließlich direkt bei den Gärtnern und Händlern, mit denen wir vertrauensvoll in engem Kontakt stehen. Einige Aufträge werden schon Ende des Sommers bis zum Herbst geschrieben. Ich fahre dann alle unsere Produzenten ab und stelle die Aufträge zusammen.
Dieser enge Kontakt und ein gutes und faires Miteinander sind mir wichtig. Mit einigen arbeiten wir schon seit über 20 Jahren zusammen. Ich besuche die Gärtner mindestens zweimal im Jahr, einige vier–fünfmal. Dieses gute Verhältnis gibt uns die Möglichkeit, dass wir die Ware so abrufen können, wie wir sie brauchen. Wenn ein Kälteeinbruch kommt, können wir die Lieferung auch nochmal aussetzen und nach hinten schieben.
Und die Gärtner achten dann auch immer mit drauf, dass für uns genug Ware zur Verfügung steht. Da bin ich sehr dankbar, dass sie darauf ein Auge haben. Bei bestimmten Kulturen sagen uns die Produzenten genau, welche Mengen noch vorhanden sind.
In der Saison bin ich mit dem einen oder anderen Gärtner täglich in Kontakt, bespreche noch am Abend, was für den nächsten Tag gepackt wird. Und dadurch, dass wir dann täglich oder alle zwei Tage beliefert werden, sind wir immer frisch bestückt und präsent auf der Fläche. Das ist uns wichtig und das wissen unsere Kunden sehr zu schätzen.
Silke Siebelist ist in der Geschäftsleitung des Marburger Gartencenters in Marburg, NBB egesa-Partner, www.marburgergartencenter.de
© Peter LeendersAuf der Seite des Händlers ergibt eine gute offene Kommunikation und eine etwas langfristigere Planung auch mehr Spielraum in der Kurzfristigkeit. Martin Engler
Die letzten Wochen waren im positiven wie negativen Sinne eine Herausforderung. Von sehr starken Umsätzen bis Mitte April, zu einem extremen Einbruch darauf folgend. Hier ist eine gute, kurzfristige Planung das entscheidende. Die Herausforderung in diesem Jahr war der ganz harte und schnelle Wechsel von sehr starken Wochen in einen witterungsbedingten Einbruch. Man will dann natürlich alle zu erzielenden Umsätze generieren, aber nicht mit zu viel Ware in die Durststrecke gehen.
Auf der Seite des Händlers ergibt eine gute offene Kommunikation und eine etwas langfristigere Planung aber auch mehr Spielraum in der Kurzfristigkeit. Es erwartet ja niemand eine verpflichtende Abnahme der Ware bei solchen Wettereinbrüchen. Da sind die Gärtner schon Realisten. Eher ist es dann so, dass wir mit dem Gärtner in die Kulturführung mit einsteigen und ihn auf eine steigende Nachfrage mit Top-Ware vorbereiten können. Wenn uns und unseren Kunden Partien sicher sind, können wir sie auch steuern. Zum Beispiel sie etwas kälter zu fahren und somit das Wachstum zu verzögern. Das geht aber nur mit einer im Voraus getätigten Planung.
Jetzt gilt es, so denke ich, sich die Bestände auf der Fläche genau anzuschauen und alles was nicht mehr A1-Ware ist zu entsorgen. Das mag im ersten Moment weh tun, aber sollte man es nicht machen, verhindert man im schlimmsten Fall Umsätze mit schlechter Ware.
Und auch jetzt gilt: offene Kommunikation. Die Herausforderung in der Beschaffung liegt, neben der Pflanze, nämlich auch in der Logistik. Hier kommen Gärtner und Speditionen auch an Kapazitätsgrenzen.
Martin Engler ist der Geschäftsführer des Euregionalen Pflanzenservicecenters EPS GmbH mit Sitz in Kevelaer. das Pflanzengroßhandelsunternehmen wurde 1999 gegründet und beliefert ausschließlich den Fachhandel. www.eps-gmbh.com
© Gunnar LezgusLeere Tische oder schmales Sortiment wecken beim Kunden den Eindruck: Schau mal, die haben ja gar keine Auswahl. Lass uns mal bei …. schauen. Und Schwupps, sind Sie weg. Gunnar Lezgus, Gartencenter Altenberge
Wir in unserem kleinen Gartencenter leben nach der Devise: Sekt oder Selters. Jeder Kunde, der uns besucht, sehnt sich aktuell nach der zu erwartenden Sonne und der Farben- und Sortimentsvielfalt in seinem Garten, auf dem Balkon oder seiner Terrasse. Wir möchten begeistern, auch wenn draußen der Sturm oder Regen das tägliche Treiben beherrscht.
Leere Tisch oder schmales Sortiment wecken beim Kunden eher den Eindruck: Schau mal, die haben ja gar keine Auswahl. Lass uns mal bei …. schauen. Und Schwupps, sind sie weg.
Ein weiterer Aspekt ist der plötzliche Wetterumschwung. Sicherlich vergehen in der Regel ein bis zwei Tage bevor das Sortiment in voller Breite vorhanden ist. Das sind ein bis zwei Tage, an denen mir Umsatz verloren geht!
Gunnar Lezgus ist Geschäftsführer des NBB egesa Gartencenters Altenberge, www.gartencenter-altenberge.de
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