In der Hochsaison sind Just-in-Time-Lieferungen nicht mehr möglich
Logistik ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Bestands- und Sortimentsmanagements, aber gerade diese war und ist nach wie vor stark beeinträchtigt. Die Zeiten von „heute bestellt und morgen geliefert“ sind in der Pflanzenlogistik vorbei.Was heißt das für die Pflanzentransporte in diesem Jahr?
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Seit Monaten diskutieren wir im Gartenbau intensiv darüber, wie man den neuen Herausforderungen am besten begegnet – Preissteigerungen, Kostenreduzierung, Risikominimierung, Wertschöpfung und Energiesparen. Eine häufige Reaktion auf diese Herausforderungen ist die pauschale Reduzierung von Beständen und das Ordern von Ware im Tagesgeschäft, das oft zitierte „Fahren auf Sicht“. Meiner Meinung nach ist das nicht ohne Risiko. Das mag in frequenzarmen Zeiten funktionieren, aber in der Hochsaison wird eine kurzfristige Warenversorgung aus logistischer Sicht nicht immer so gewährleistet sein, wie wir es aus den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kennen.
Bestandsführung und -optimierung sind sehr wichtigen Themen, denen wir viel mehr Augenmerk zukommen lassen sollten und das manche bisher nicht so genau genommen haben. Grundsätzlich rate ich dazu, dass wir vieles auf den Prüfstand stellen und die Stufe der Warenbeschaffung, ich spreche hier gerne von der dritten Stufe von insgesamt sieben im Ertragskreislauf, genauer unter die Lupe nehmen.
Die reine Verlagerung der Handelsrisiken auf das Transportgewerbe ist mit Vorsicht zu genießen und wird nicht die einzige Lösung sein. Ganz im Gegenteil, eine funktionierende und leistungsfähige Logistik beeinflusst unseren Erfolg inzwischen maßgeblich und ist ein wichtiger Baustein von vielen.
Stellen wir uns vor, wir sind ein Produzent oder erfolgreicher Gartencenterbetreiber und wollen künftig 4.000 CCs zusätzlich transportieren lassen. Das bedeutet ein zusätzliches Volumen von circa 95 LKW-Ladungen, die kurzfristig nicht so ohne Weiteres bewegt werden können. Mit Stefan Hansel, TTH Spedition, Wardenburg, und anderen Spezialisten sprach ich über die kommende Saison. Die Aussagen und Meinungen sind hier einhellig. Die Situation rund um das Thema Pflanzenlogistik ist sehr angespannt und man kennt die großen Aufgaben, die nicht nur die Kostenseite betreffen, sondern vielschichtig und ursächlich auch in den Handelsstufen zu finden sind.
Die Logistikbranche steht vor zahlreichen Herausforderungen
Die Herausforderungen innerhalb der Logistikbranche sind: fehlender Frachtraum, Fahrermangel – bundesweit fehlen etwa 100.000 Fahrer –, Wegfall vieler osteuropäischer Fahrer und Subunternehmer, kurzfristige Frachtanmeldung und -korrekturen, ungleichmäßige Auslastung innerhalb der Wochentage, Sortimentswettbewerb innerhalb der Saison mit Gartenhartware und Lebensmitteln, nicht termingerechte Bereitstellung an Ladestellen (Wartezeiten), Leergutverfügbarkeit und -rückholung, Wartezeiten an den Entladestellen und das Kollidieren mit Lenk- und Ruhezeiten.
Welche Lösungsansätze gibt es? Die stärksten Verladetage sind in der Regel Dienstag und Mittwoch, oftmals mit kurzfristigen Frachtan- und nachmeldungen am Montag. Für eine deutliche Entspannung der Frachtraumsituation würde eine Verlagerung der Ladungen auf Sonntag, Montag und Donnerstag sorgen. Für eine konkrete, seriöse Tourenplanung brauchen die Speditionen so früh wie möglich verlässliche Mengen- oder Volumenwerte. Auch so vermeintlich banale Dinge, wie Leergut/Warenträger an der Entladestelle auseinandergebaut und abgezählt zur Mitnahme bereitzustellen, würden den Faktor Zeit sehr positiv beeinflussen.
Wir quälen uns auch zu oft mit defektem Material und vergeuden unnötig Zeit, das Aussortieren und Rückführen von defekten Ladungsträgern – CC, Europalette, Chep-Palette – wird oft vernachlässigt. In größeren Betrieben und an Plattformen sind die Nachtabholungen und -entladungen üblich, um Spitzen zu entzerren und alle Tageszeiten optimal zu nutzen. Auch darüber sollten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten nachdenken oder sogar die Möglichkeiten schaffen.
Ein Punkt, der tagtäglich für Ärger und Verzögerungen sorgt, sind die Ladungshöhen – zu oft muss umgepackt oder lose transportiert werden. Um Beschädigungen zu vermeiden oder überhaupt verladen zu können, müssen wir an die Innenhöhen der Auflieger denken (230, 250 oder 280cm).
Die Frachtkosten steigen weiter
Die Schwankungen der Kraftstoffpreise werden schon lange durch den Dieselfloater geregelt beziehungsweise aufgefangen. Durch Anhebung des Mindestlohnes, Preissteigerungen bei LKWs und Material, sowie einer im Raum stehenden Mauterhöhung (eine Verschiebung oder sogar Aussetzung wird auf politischer Ebene aktuell diskutiert) gehen wir von einer Frachtanhebung um bis zu 5% aus.
Wie lassen sich Kosten sparen? Die meisten Kosten werden sich nicht vermeiden lassen, allerdings ist noch Einsparpotenzial möglich – durch Bündelung, also durch weniger Ladestellen und Lieferanten und weniger Verladetage, und Verlegung der Versand- und Verladetage. Ein frühzeitiger, intensiver Austausch mit den Logistikpartnern ist hier ebenso hilfreich wie eine gründliche Planung und Disposition.
Aber was ist mit der schnellen Warenversorgung? Speziell kurzfristige Dispositionen und Änderungen bringen ein funktionierendes System an seine Grenzen oder sogar in der Saison temporär zum Kollabieren. Laderaum, Frachten, Touren und Verteilung sind akribisch geplant und lassen sich nicht so einfach verändern. Als Rechengrundlage: Die durchschnittliche Verweildauer (Warte- und Entladezeit) der LKWs der Pflanzenlogistik an einer Abladestelle liegt bundesweit bei 42 Minuten.
Welche Lösungsansätze gibt es für dieses Problem? Wir sollten von einer Zeitspanne zwischen Bestellung beim Produzenten/Lieferanten und Anlieferung im Markt von 3–4 Tagen ausgehen. Bündelung, sowohl bei den Lieferanten und Produzenten, als auch bei den Kunden, kann hier helfen; eine Reduzierung von Lade- und Entladestellen würde viel Entspannung schaffen.
Wir müssen zudem dringend über die Priorisierung von Sortimenten nachdenken – was muss, soll, kann schnell geliefert werden. Die fristgerechte Bereitstellung von Ware zum Abholtermin, aber auch die schnelle, priorisierte Behandlung von Pflanzen an den Entladestellen würde der Geschwindigkeit und auch der Sicherstellung der Qualität dienen.
In der Hochsaison und rund um bundesweite, aber auch regionale Feiertage, mit einigen „kurzen“ Wochen wird es nochmal schwieriger. Die Pflanze steht hier in direkter Konkurrenz zu Lebensmitteln um den knappen Frachtraum. Wir haben es hier nicht nur mit weniger Abladetagen zu tun, sondern auch mit weniger Ladetagen. Was wir oft vergessen: Auch die Fahrer wollen oder müssen an ihren Standort zurückkehren.
Helfen kann hier, so früh und konkret wie möglich Frachten anzumelden oder auch einen möglichen Forecast mit der Spedition zu kommunizieren. Ebenso sollte man das Vorziehen von weniger sensiblen Sortimenten – in Bezug auf ihre Transport- und Lagerempfindlichkeit – auf die Vorwoche oder auf das Wochenende andenken.
Zusammenarbeit und frühzeitiger Austausch sind wichtig
Fakt ist: Die Zeiten von „heute bestellt und morgen geliefert“ sind gerade in der Pflanzenlogistik vorbei. Was ist zukünftig wichtig?
- Wir brauchen eine sachliche Kommunikation und einen frühzeitigen Austausch.
- Die Erfahrung zeigt uns immer wieder, dass wir zu wenig über die Belange des anderen wissen und sich gemeinsam oft Lösungen finden und Herausforderungen meistern lassen.
- Jeder Händler sollte so früh wie möglich den Spediteur mit ins Boot holen und den Jahresplan diskutieren. Nicht nur Umsatz, Kosten und Personal gehören geplant, auch die Warenbeschaffung.
Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe von DEGA GRÜNER MARKT erschienen. Wer das Magazin noch nicht kennt – hier gehts zum kostenlosen Probeabo: Abo - Fachmagazin für erfolgreiches Verkaufen - DEGA GRÜNER MARKT (gruener-markt-online.de)
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