
Haben Sie alle Ausbildungsplätze besetzen können?
Das neue Ausbildungsjahr beginnt bald und vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist eine gute Ausbildung für die Branche essenziell. Deshalb haben wir uns für diese Ausgabe von Inside! in der Branche umgehört, wie die aktuelle Bewerbungssituation in den Unternehmen aussieht.
von Grit Landwehr erschienen am 19.07.2023
„Wir müssen an die jungen Leute ran und den Beruf richtig vermarkten“ Rainer Hatt
Alle klagen, dass sie keine Fachkräfte bekommen, dass sich so wenige junge Menschen für den Beruf interessieren. Aber die meisten Kollegen tun nichts dagegen, dabei ist das Potenzial derzeit enorm groß. Ich sehe in dem aktuell wachsenden Interesse an Umwelt- und Klimaschutzthemen – vor allem bei jungen Leuten – eine große Chance für unsere Branche. In den 1980er-Jahren gab es aufgrund der damaligen Umweltkatastrophen, wie saurer Regen, Waldsterben und Ozonloch, ein wachsendes Umweltbewusstsein in Deutschland, das sich auch mit dem Einzug der Grünen in den Bundestag im Jahr 1983 zeigte. In dieser Zeit haben wir auf drei ausgeschriebene Ausbildungsstellen 130 Bewerbungen bekommen und die meisten davon waren Abiturienten. Das könnten wir jetzt wieder erreichen, wenn wir es richtig angehen. Wir müssen jungen Menschen, die sich für den Klimaschutz engagieren, erreichen und ihnen unseren Beruf näherbringen – auf Social Media, in den Medien, aber auch in den Schulen. Hier sind die Betriebe gefragt, sich zu engagieren und in die Öffentlichkeit zu gehen. Derzeit hat der Gärtnerberuf keinen Stellenwert, wer in den Hauptfächern auf dem Abschlusszeugnis schlechte Noten hat, bekommt die Empfehlung: Werde doch Gärtner. Daran müssen wir arbeiten! Dazu gehört auch eine bessere Bezahlung für die Auszubildenden, aber auch für die ausgelernten Fachkräfte, und eine Neustrukturierung der Ausbildung. Wir müssen den Auszubildenden das Kennenlernen aller Bereiche des Gartenbaus ermöglichen. Wer sich derzeit für die Ausbildung zum Zierpflanzengärtner entscheidet, den erwartet in vielen Betrieben doch die komplette Monotonie – sich übers Jahr nur mit einer oder mit zwei Kulturen auseinanderzusetzen, da hat heute doch keiner mehr Bock drauf. Man sollte die Ausbildung in bestimmten Stufen zusammenfassen und das Lernen in verschiedenen Betrieben möglich machen, das findet zum Teil ja schon statt. Zudem fehlen in einigen Bundesländern Ausbildungsberufe, zum Beispiel der Gartencentergärtner, der Verkaufsgärtner, den gibt es in Nordrheinwestfalen schon seit 15 Jahren.
Diese Probleme müssen ehrlich angesprochen werden, damit Veränderungen beginnen können.
„Wir werden uns den veränderten Anforderungen der nachwachsenden Generation stellen müssen“ Rainer Ostmann
Durch die verschiedenen Standorte und das moderne Intratuin-Konzept erhalten wir viele interessante und auch gute Bewerbungen. Quereinsteiger sind eher selten. Die Schulbildung ist wie in den anderen Jahren unverändert. Es sollte aber sicherlich weiter im Fokus stehen, hier ein gutes Niveau als solide Grundlage weiter sicherzustellen beziehungsweise eher zu verbessern. Wir befinden und hier in einer prosperierenden Region. Das Angebot an guten und qualifizierten Ausbildungsbetrieben ist recht hoch. Aber Konkurrenz belebt das Geschäft.
Um junge Menschen auf unseren Beruf und unser Unternehmen aufmerksam zu machen, nutzen wir derzeit unsere Social-Media-Kanäle und sind auf Jobmessen präsent. Aber auch am POS machen wir auf unsere Ausbildungsstellen aufmerksam. Das reicht für uns aus. Der richtige Zeitpunkt ist sicherlich von Bedeutung.
Wir stellen fest, dass das Arbeiten im Grünen und auch der kreative Teil der Arbeit unsere Ausbildungsberufe immer noch attraktiv und besonders machen. Wir merken aber auch, dass die nachwachsenden Generationen andere Anforderungen an ihre berufliche Tätigkeit und ihre Arbeitsstätte haben, dieser Aufgabe werden wir uns stellen müssen. Insbesondere was Planung und Arbeitszeitmodelle angeht.
„Bewerbern werden ökologische Aspekte immer wichtiger“ Bernd Fischer
Wir bieten in jedem Jahr zwei Ausbildungsplätze an – einen Ausbildungsplatz zum, Gärtner/-in und einen zum/zur Florist/-in. Wir haben auch in diesem Jahr mehrere Bewerbungen erhalten, das Niveau ist mit den Vorjahren vergleichbar. Bei den Bewerbungen für die Gärtnerausbildung war die Qualität der Bewerbungen besonders schlecht, wir haben keinen der Kandidaten nehmen können.
Mit der Teilnahme an Bewerbermessen haben wir keine guten Erfahrungen gemacht, das werden wir nie wieder machen. Der Aufwand ist erheblich, der Ertrag sehr gering. Auf solchen Messen steht man in der Konkurrenz zu großen Firmen mit aufmerksamkeitsstarken Auftritten.
Was wir gern und regelmäßig machen, sind Vorträge an Schulen in unserer Region. Da kann ich vor 25–30 Schülern ganz individuell unseren Beruf und unseren Betrieb vorstellen. Einige der Schüler hören in diesem Zusammenhang das erste Mal vom Gärtnerberuf. Interessierten Schülern bieten wir dann ein 3-tagiges Praktikum an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Schüler erst einmal ausprobieren müssen, ob ihnen die Art der Arbeit gefällt und vor allem, ob sie mit der Arbeitsumgebung zurechtkommen. Wir hatten beispielsweise einmal eine Bewerberin, die Schwierigkeiten mit dem Klima im Gewächshaus hatte. Wir beobachten, dass die Bewerber intensiver nachfragen, um herauszufinden, ob die Stelle zu ihnen passt. Dabei spielen vor allem ökologische Aspekte eine zunehmend wichtigere Rolle, beispielsweise der weitgehende Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und der verstärkte, sichtbare Einsatz von Nützlingen.
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