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Mathys fragt …

„Wir sind alle Familie“

Das Grün erleben Gartencenter Göppert in Haslach feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Das Unternehmen ist sprunghaft gewachsen – mit dem größten Schritt, dem Um- und Neubau des Gartencenters, kam auch der größte Tiefschlag, der Tod des Inhabers Albert Göppert. Oliver Mathys sprach mit Stefanie Göppert und Johannes Wöhrle, die das Unternehmen zusammen mit Stefanie Breig heute führen, über diese schicksalhafte Zeit und die anstehenden Herausforderungen.

von Oliver Mathys erschienen am 08.11.2024
Stefanie Göppert und Johannes Wöhrle (Mitte) führen gemeinsam mit Stefanie Breig (nicht im Bild) das Grün erleben Gartencenter Göppert in Haslach im Kinzigtal. Nach dem Tod des Inhabers Albert Göppert im November 2020, musste sich das Unternehmen neu sortieren. Oliver Mathys (rechts) sprach mit den beiden über die Herausforderungen, die sich daraus ergaben. goeppert-gartencenter.de © Oliver Mathys
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Oliver Mathys: Stellt ihr euch bitte kurz vor? Welche Rolle habt ihr im Betrieb? Stefanie Göppert: Ich bin die Inhaberin und Geschäftsführerin und kümmere mich um das Marketing. Johannes ist der Betriebsleiter sowie der Leiter der unserer Produktion. Aber ich muss da etwas weiter ausholen. Unser Unternehmen gibt es jetzt seit 1985 – entstanden aus einem kleinen Ein-Mann-Betrieb mit Verkauf auf dem wöchentlichen Markt. Und dann sind wir sprunghaft stückweise gewachsen, bis wir dann 2018 das heutige Gartencenter planten, wie es jetzt steht. Das war exakt der Moment, als von einem Tag auf den anderen mein Mann die Diagnose erhielt, unheilbar krank zu sein. Dadurch wurden alle unsere Pläne infrage gestellt und natürlich vor allem unsere persönlichen Ziele über den Haufen geworfen. Gleich am Tag nach der Diagnose haben wir auch alle unsere Mitarbeiter informiert. Dabei standen durchaus der Verkauf und die Aufgabe des Unternehmens zur Diskussion – aber es wurde auch offen gefragt, wie das Team die Zukunft sieht. Und gleich am Tag darauf kam Johannes zu uns und sagte, dass er Verantwortung übernehmen würde, sich selbst noch mehr einbringen will, um die Zukunft mitzugestalten. Johannes Wöhrle: Ja, das war eine intensive Zeit – da ich aber bereits seit geraumer Zeit das Vertrauen von Albert und Stefanie hatte, war es an der Zeit, selbst noch weitere Schritte zu machen. Es gab eigentlich nur zwei Optionen – das Unternehmen zu verlassen oder sich mit ans Steuer setzen. Dann suchten und fanden wir Stefanie Breig, die als Diplom-Betriebswirtin den nötigen kaufmännischen Hintergrund mitbrachte. Sie ist das Patenkind von Albert und kümmert sich um die gesamte Administration – so entstand unser Management. Das Team hat unsere Pläne sehr positiv aufgenommen. SG: Ein letzter Wunsch meines Mannes war es, dass der geplante Bau des heutigen Gartencenters realisiert wird und er wollte die Umsetzung selbst noch sehen. Wenn ich zurückblicke, war es eine sehr schwierige Zeit, da neben dem Bauvorhaben natürlich privat viele Dinge neu geordnet werden mussten. In dieser Zeit ging es meinem Mann zunehmend schlechter. Zudem mussten innerbetrieblich neue Strukturen geschaffen werden. JW: Man muss vielleicht ergänzen, dass Albert eine sehr starke Persönlichkeit war – der auch mal klare Ansagen machte und alle Fäden selbst in der Hand hielt. Hier mussten wir gemeinsam mit dem Team einen eigenen Führungsstil finden. Albert hinterlässt große Fußstapfen – wir sollten aber gar nicht erst versuchen, diese zu füllen, sondern einen eigenen Weg finden, wie wir das Unternehmen weiterentwickeln. OM: Ihr macht auf mich den Eindruck eines hundertprozent eingeschworenen Teams, das sich absolut vertraut. SG: Ja, diese Phase hat uns zusammengeschweißt. Ich erinnere mich immer wieder an eine Situation: Während des Umbaus hatten wir diverse Probleme mit der Heizung. Da Johannes damals noch nicht unmittelbar in der Nähe des Betriebes wohnte – stand ich mit dem Handy im Heizungsraum und er versuchte mir zu erklären, wie ich sie wieder zum Laufen bringe, und ich hatte echt keine Ahnung von der Heizung. Solche Situationen gab es viele – wir haben viel Respekt gegenüber dem anderen. JW: Sicher gibt es auch bei uns auch mal Punkte, bei denen wir nicht einer Meinung sind – dann wird das aber unter uns geklärt und nicht vor dem Team. OM: Apropos Team – der Wegfall einer dominanten Führungsperson und die Einführung neuer Strukturen verlief sicher nicht ganz reibungslos. Wie ging dieser Veränderungsprozess bei euch vonstatten? SG: Als mein Mann im November 2020 verstarb, waren wir ja mitten in der Pandemie. Alles war sowieso anders als normal und wir haben immer nur von einer Regelung bis zur nächsten geplant. Unsere Mitarbeiter waren auch in einer Trauerphase – viele sind schon lange bei uns beschäftigt. Ich denke, auch durch Corona wurde der Zusammenhalt verstärkt und vieles offen ausgesprochen. OM: Viele andere Gartencenter jammern im Moment über einen hohen Krankenstand und dass es sehr schwer sei, Mitarbeiter zu finden. Das ist dann bei euch kein Problem? JW: Wir sind halt ein echter Familienbetrieb – das heißt, wir wissen auch, was unsere Leute bedrückt, auch privat, und versuchen darauf einzugehen. Viele unserer Abteilungsleiter arbeiten derzeit in Teilzeit, weil sie noch junge Kinder zu Hause haben. Das ändert sich sicher in ein paar Jahren wieder. Auf Unternehmerseite braucht es heute viel mehr Flexibilität, aber es muss auch vonseiten der Mitarbeiter zurückkommen. Das ist bei uns sehr stimmig. In Bezug auf den Krankenstand nimmt auch dieser bei uns zu – aber vielleicht nicht in dem Ausmaß, wie einige Kollegen es berichten. In unserem Team sind die Abteilungen sehr aufeinander eingespielt und helfen sich gegenseitig aus. Schließlich können wir Ziele und Resultate nur gemeinsam erreichen. OM: Sie haben immer wieder erwähnt, dass Sie viele Strukturen im Unternehmen anpassen müssen – was meinen Sie damit? JW: Wie Stefanie schon sagte, besteht der Betrieb jetzt seit 1985 – wir sind noch immer in der ersten Generation – viele der anderen Gartencenter blicken auf 3–4 Generationen zurück und haben dadurch einen ganz anderen Erfahrungsschatz. Bei uns kam das Wachstum sehr schnell, was sicher auch der Lage geschuldet ist – im Umfeld sind nicht allzu viele andere Fachgartencenter zu finden. Nach den vielen Bauzeiten muss jetzt mehr Zeit in die innerbetrieblichen Strukturen investiert werden. Das sind Themen wie Mitarbeitergespräche, Sortimentspflege und strategische Einkaufsentscheidungen mit zugehöriger Liquiditätsplanung. OM: Mit dem Blick auf die Kunden – was schätzen diese an Ihrem Unternehmen? SG: Menschen machen den Unterschied – unser Team setzt für unsere Kunden möglichst alles um. Sei es in der Floristik, wo allerlei Sonderwünsche bestellt werden, auch wenn es mit einem kaufmännischen Blick vielleicht nicht immer Sinn macht, oder der Baumschule, wo unsere Beratungen weit über das gewöhnliche Verkaufsgespräch hinausgehen. Familienbetrieb ist ja ein großes Wort – aber wir sind halt alle irgendwie Familie, das spüren die Kunden. Zudem legen wir großen Wert auf unsere eigene Produktion – nicht nur was die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht. Wir können dadurch ein immer wieder aktualisiertes Sortiment mit großer Tiefe und Neuheiten bieten. Eigentlich mag ich Begriffe wie „Local Hero“ oder Platzhirsch nicht besonders, aber wir sind schon sehr stark verwurzelt in unserer Region und bringen uns da auch ein. Kunden bestätigen uns immer wieder, dass man bei uns eben nicht mit dem 08/15- Sortiment abgefertigt wird. Und wir bieten Kontinuität. OM: Wo seht ihr euch in den kommenden drei Jahren? JW: Jetzt gilt es, unsere Abläufe zu optimieren und die eingeleiteten Strukturanpassungen auch in die Praxis umzusetzen. Das wird einiges an Energie verlangen, weil Gewohnheiten verändert werden müssen. Wir haben sicher in den Jahren nach dem Neubau vieles etwas zu sehr laufen lassen, weil wir einfach mal durchschnaufen mussten. Das müssen wir nun wieder in den Griff bekommen. OM: Zu guter Letzt die Frage: Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf? Was begeistert Sie daran? JW: Angeblich habe ich schon als Dreijähriger gesagt, dass ich mal „Blumer“ werde – Schuld daran ist sicher meine Oma, die mich der Natur näher gebracht hat. Bei ihr konnte ich mir beim Rasenmähen auch mein erstes Geld verdienen. Die Begeisterung für Blumen und Pflanzen habe ich immer noch, deshalb mich freue ich mich, dass wir sowohl in der Produktion als auch der Floristik Lehrlinge ausbilden und ich die Möglichkeit habe, diese Begeisterung weiterzugeben. SG: Ich wollte ja immer Gärtnerin werden, weil ich aber eher klein und zierlich war, wurde ich nicht genommen. Deshalb bin ich Krankenschwester geworden. Aber wie es das Leben will, arbeitete in dem Betrieb, in dem ich lernen wollte, mein Mann. So landete ich doch noch in meinem Traumberuf. OM : Vielen Dank für dieses sehr vertrauensvolle und offene Gespräch.
Autor:in
Oliver A. Mathys
begleitet „DEGA GRÜNER MARKT“ seit 2007 als Kolumnist. Der Gärtner und Floristmeister war im Export in den Niederlanden tätig und ist als Betriebsconsultant europaweit unterwegs. Er befragt an dieser Stelle Kollegen zur Situation und Zukunft der Branche. www.oliver-m-consulting.com
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