Die Branche muss Verantwortung übernehmen
Was bedeutet Verantwortung für die grüne Branche? In welchen Bereichen muss sie Verantwortung übernehmen? Und was heißt das konkret für Gärtnereien und Gartencenter? In einer Gesprächsrunde auf der spoga+gafa tauschten sich Branchenteilnehmerinnen und -teilnehmer zu diesen Fragen in lockerer Runde aus.
von Grit Landwehr erschienen am 09.07.2024Am Rande der POS Green Solution Islands auf der spoga+gafa luden die Gastgeber Oliver Mathys und Judith Baehner zu lockeren Tischgesprächen. Hier werden in entspannter Atmosphäre Gedanken zu aktuellen Branchenthemen ausgetauscht. Zum Thema „Sind Pflanzen noch grün“ trafen sich am ersten Messetag Christian Dinger, Inhaber Dinger’s Gartencenter Köln; Urs Rutishauser, Geschäftsführer Häberli; Miriam Hohenfeldt und Sebastian Grothaus, Good Profits GmbH zum Gespräch mit Oliver Mathys, www.oliver-m-consulting.com und Judith Baehner, Biophilic Designerin bei www.hetgroenlab.nl. Jeder der Anwesenden brachte seine Erfahrungen und Gedanken aus der eigenen Erfahrungswelt ein.
Wir fassen hier die wichtigsten Erkenntnisse des Gesprächs zusammen. Einig waren sich die Teilnehmenden, dass die grüne Branche eine wichtige Rolle bei der Bewältigung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen spielt und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich sein muss. Aber was heißt Verantwortung, das Leitthema der spoga+gafa mit dem Blick auf die grüne Branche? In welchen Bereichen muss die Branche Verantwortung übernehmen? Aus dem Gedankenaustausch der Runde lassen sich neun Bereiche herausnehmen:
- Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Die Branche hat die Verantwortung, nachhaltige Arbeitsweisen zu fördern und umweltfreundliche Lösungen zu entwickeln. Dies beinhaltet den Umgang mit Herausforderungen wie Klimawandel und Biodiversitätsverlust.
- Anpassung an den Klimawandel: Die Pflanzenwahl verändert sich aufgrund des Klimawandels. Die Branche muss sich an diese Veränderungen anpassen und Pflanzen anbieten, die den neuen klimatischen Bedingungen standhalten können.
- Wassermanagement: Es wird mehrfach auf die Bedeutung des effizienten Wasserverbrauchs hingewiesen. Die Branche hat die Verantwortung, wassersparende Technologien und Praktiken zu entwickeln und zu fördern.
- Kundenaufklärung und -beratung: Die Gesprächspartner betonen, wie wichtig es ist, Kunden richtig zu beraten, damit sie für ihre spezifischen Bedingungen die richtigen Pflanzen auswählen. Dies impliziert eine Verantwortung für Bildung und fachkundige Beratung.
- Soziale Verantwortung: Es werden Beispiele für soziales Unternehmertum genannt, wie Produkte, die gesellschaftliche Wirkung erzielen. Dies deutet auf eine Verantwortung hin, über rein wirtschaftliche Ziele hinauszugehen und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
- Innovation: Die Branche hat die Verantwortung, innovative Lösungen zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig sind.
- Stadtbegrünung: Die Branche sollte aktiv zur Begrünung städtischer Umgebungen beitragen – sowohl im Innen- als auch im Außenbereich.
- Ressourceneffizienz: Die Branche sollte Wege finden, Ressourcen effizienter zu nutzen, einschließlich der Entwicklung von Kreislaufsystemen.
- Mitarbeiterführung und -schulung: Es wird die Wichtigkeit betont, Mitarbeiter gut zu schulen und zu führen, damit sie kompetent beraten und die Werte des Unternehmens vermitteln können.
Immer wieder wurde im Gespräch deutlich, wie wichtig bei diesen Themen die Kommunikation gegenüber den Kunden ist. Das beginnt schon bei der klaren Positionierung des Unternehmens. Egal ob kleiner Spezialist oder Vollsortimenter – Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich fragen: Welches Gartencenter will ich sein? Entsprechend seiner Positionierung ziehe man eine bestimmte Kundenklientel an. Die eigene Ausrichtung sollte sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche ziehen und auch in der Kundenansprache deutlich werden.
Zudem wird im Gespräch immer wieder betont, wie wichtig es ist, Kunden fachkundig zu beraten, damit sie für ihre spezifischen Bedingungen die richtigen Pflanzen auswählen. Dies erfordert gut geschulte Mitarbeiter, die nicht nur als „Verteiler“, sondern als echte Berater agieren. Bei nachhaltigen oder innovativen Produkten, die möglicherweise teurer sind, ist es wichtig, die Vorteile und Mehrwerte klar zu kommunizieren. Zum Beispiel bei der Verwendung von Schafwolle als Mulch die Vorteile für Wassereinsparung und Unkrautreduzierung erklären. Zudem könnten innovative Produkte als Aufhänger dienen, um Kunden über nachhaltige Praktiken zu informieren.
Bewusstsein für natürliche Zyklen schärfen
Neben der Auswahl der richtigen Pflanze für den jeweiligen Standort sollten auch Aspekte der Nachhaltigkeit in die Beratung einfließen. Kunden sollten über die richtige Pflanzzeit und saisonale Verfügbarkeit von Pflanzen informiert werden. Dies kann dazu beitragen, das Bewusstsein für natürliche Zyklen zu schärfen. Denn nach wie vor sei der Kundenwunsch nach fertigen Pflanzen groß. So werden lieber im Frühling vorgetriebene, am besten blühende Zwiebelpflanzen gekauft, anstelle im Herbst Zwiebeln zu setzen. Hier könnte es helfen, den Wert von Produkten und Prozessen zu emotionalisieren, so die Teilnehmer der Gesprächsrunde. Zum Beispiel könnte man beim Verkauf von Blumenzwiebeln das positive Erlebnis des Pflanzens und Wartens hervorheben.
Aufgabe der Branche ist es, Kunden nicht nur zu informieren, sondern auch zu inspirieren und für nachhaltigere Gartenpraxis zu begeistern. Um Kunden emotional anzusprechen und nachhaltige Praktiken zu fördern, lassen sich aus dem Gespräch folgende Ansätze ableiten. Diese Ansätze zielen darauf ab, eine emotionale Verbindung zwischen Kunden und nachhaltigen Gartenpraktiken herzustellen, indem positive Erlebnisse, sinnliche Erfahrungen und gesellschaftliche Wirkungen in den Vordergrund gestellt werden.
- Betonung des ganzheitlichen Erlebnisses: Anstatt nur auf das Endprodukt zu fokussieren, sollte der gesamte Prozess des Gärtnerns als wertvolles Erlebnis vermittelt werden. Dies kann Kunden dazu motivieren, sich mehr Zeit für nachhaltige Gartenarbeit zu nehmen.
- Sinnliche Ansprache: Im Einzelhandel, besonders in der grünen Branche, sollten alle Sinne angesprochen werden. Kunden können Pflanzen nicht nur sehen und anfassen, sondern auch riechen und in manchen Fällen sogar probieren. Diese multisensorische Erfahrung kann eine stärkere emotionale Bindung schaffen.
- Aufzeigen gesellschaftlicher Wirkung: Es werden Beispiele genannt, bei denen der Kauf eines Produkts direkt mit einer positiven gesellschaftlichen Wirkung verbunden ist, wie Chilisoßen, deren Verkauf Strom für Familien im Senegal finanziert. Solche konkreten Auswirkungen können Kunden emotional ansprechen und zum Kauf nachhaltiger Produkte motivieren.
- Integration von Gemeinschaftsaspekten: Es wird die Idee von Community-Gärten in Wohngebäuden erwähnt. Durch die Betonung gemeinschaftlicher Aspekte des Gärtnerns können Kunden emotional angesprochen und für nachhaltige Praktiken begeistert werden.
- Transparente Kommunikation von Mehrwerten: Bei nachhaltigen oder innovativen Produkten sollten die Vorteile und Mehrwerte klar kommuniziert werden. Dies kann Kunden helfen, den Wert nachhaltiger Praktiken besser zu verstehen und emotional zu erfassen.
- Verknüpfung mit lokalen und saisonalen Aspekten: Durch die Betonung der Anpassung an lokale Klimabedingungen und saisonale Zyklen kann eine emotionale Verbindung zur unmittelbaren Umgebung und den natürlichen Rhythmen hergestellt werden.
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