Spätpandemische Dekadenz
Es gab einmal einen Politiker, der in einem gelben Spaßmobil durch die Republik tourte und von "Spätrömischer Dekadenz" sprach. Auch, wenn man über Tote nicht schlecht reden soll, so kann man doch sagen, dass der Mann ein ausgemachter Neoliberaler war und sagen wollte, dass wir alle faul und satt geworden sind und endlich schneller und effektiver arbeiten sollten, damit der Laden wieder läuft; besonders die, die über Transferleistungen am Tropf des Staates hängen.
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So war er eben. Der Populismus kam bei einer gewissen Klientel an und führte die Partei, der er vorstand, auf ein Allzeit-Zwischenhoch - bevor sie jäh abstürzte. Das waren andere Zeiten. Was richtig geblieben ist: Immer, wenn es Menschen gut geht, neigen sie dazu, bequem und denkfaul zu werden. "Ein voller Bauch studiert nicht gerne", lautet eine Volksweisheit, die zum selben Ergebnis kommt: Wer keine Not hat, hat auch keinen Grund zu kämpfen.
Vielleicht wissen Sie schon, worauf ich hinaus will. Nach zwei grandiosen Jahren, in denen sich die Menschen nach Garten, Pflanzen und Natur gesehnt haben, weil ihnen phasenweise die Decke auf den Kopf gefallen ist; in denen sie gewerkelt und gebaut haben, was das Zeug hält – und viele Händler entsprechende Umsätze gemacht haben, scheint eines vergessen: Nein, die zwei fetten Jahre sind keine Einladung zum Rasten. Der Wandel im Handel ist in vollem Gange und das Umsatzhoch stellt maximal eine Verschnaufpause dar. Denn wir alle haben keine Ahnung, was mit den Innenstädten passiert, deren Wandel sich durch Corona massiv beschleunigt hat. Wir wissen auch nicht, welchen Beschleunigungs-Booster die erneuten Einschränkungen im stationären Handel auf die Entwicklung des Online-Geschäfts haben werden. Und ebenso wenig wissen wir, welche Auswirkungen die sich spaltende Gesellschaft und der Druck, nachhaltig sein zu müssen, auf das Kaufverhalten haben werden. Nichts ist so ungewiss wie die Zukunft und deshalb gibt es keinen Grund, untätig zu sein.
Der Kampf um das Personal, die Fähigkeit digital konkurrenzfähig zu sein, der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und die Sicherstellung von echter Nachhaltigkeit – das sind vier fette Aufgaben, die alleine reichen, um unsere ganze Aufmerksamkeit zu binden. Denn es sind keine Aufgaben, die man abhaken könnte. Es sind Lebensaufgaben, Prozesse von immerwährender Dauer, in denen man nur Wegmarken – Milestones, wie es neudeutsch so schön heißt – als „erledigt“ betrachten kann. Der Handel ist ein Haifischbecken, in dem sich mit veränderten Rahmenbedingungen immer neue Konkurrenzsituationen einspielen. Das bitte weder beim Schlafengehen noch beim Aufwachen vergessen.
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