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Preisexplosion und Lieferengpässe

Eine Normalisierung ist nicht in Sicht

Hohe Preise, lange Lieferzeiten, explodierende Frachtkosten und Waren, die nicht verfügbar sind – damit hat der Fachhandel derzeit stark zu kämpfen. Welche Ursachen hat dieser „neue Mangel“ und wann ist mit einer Normalisierung zu rechnen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des VDG-Sommerabends, bei dem der Verband zum Dialog zwischen Handel, Industrie und Logistik lud.

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 Avigator Fortuner/shutterstock.com
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Für den Einstieg ins Thema hatten Martina Mensing-Meckelburg, Vorsitzende des VDG, und Thomas Buchenau, Geschäftsführer des Verbands, drei Experten geladen. Jens Wollmann, Department Head Dachser DIY Logistics, gab zu Beginn einen Einblick in die Logistikprozesse. „Die Weltwirtschaft ist aus dem Tritt und mit ihr die Logistikketten“, erklärte er. Diese seien eng getaktet und über viele Jahre eingespielt, so Wollmann weiter. Die unvorhergesehenen Ereignisse der letzten Monate haben die Kreisläufe in eine Unwucht versetzt – es läuft nicht mehr rund.

Vor 2022 wird es keine Normalisierung geben

In der Containerschifffahrt sei beispielsweise der Zwischenfall im Suez-Kanal ein solches unvorhergesehenes Ereignis gewesen, aktuell sorgt ein neuer Corona-Ausbruch in Südchina für Störungen. "Wir haben über 300 Schiffe die mittlerweile irgendwo auf der Welt in Warteschleife stehen und nicht in der getakteten Laufzeit von den Häfen abgewickelt werden, weil es auch an LKWs mangelt“, macht Wollmann die dramatische Lage deutlich.

 Jens Wollmann, Department Head Dachser DIY Logistics: „In Zeiten wie diesen, wo Produktionsund Transportressourcen rar sind, sind 
Planung und Planungssicherheit für alle 
Beteiligten das A und O, um Lieferketten 
so stabil wie möglich gestalten zu können.“ 

Eine Normalisierung sei nicht in Sicht, erklärt der Logistikexperte weiter. Er erwarte, dass die Situation mindestens bis zum Beginn des kommenden Jahres anhält. „Aber auch dann ist nicht sicher, ob es ein ,back to normal’ geben kann. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, seine Logistikketten auf den Prüfstand zu stellen und einen Plan B in der Tasche zu haben“, rät Wollmann.

Auch auf die bange Frage aus der Runde, wann sich die Frachtraten endlich wieder normalisieren werden, hatte Jens Wollmann schlechte Nachrichten im Gepäck. Zum Zeitpunkt des VDG-Sommerabends, am 17.Juni, lagen die Raten bei 12.000 bis 13.000 Dollar pro Container. Wollmann erwartete, dass die Frachtpreise durch den Ausbruch in Südchina auf 20.000 Dollar hochschnellen werden. Er riet den Anwesenden, Buchungen so früh wie möglich zu platzieren, damit die Ware einen Platz auf den Schiffen bekommt. Das bestätigte Martina Mensing-Meckelburg, die kurz zuvor einige Importeure besucht hatte: „Die Lieferanten raten, noch im Juni die Frühjahrs-/Sommerware zu bestellen. Je früher, desto besser“, erklärt sie.

Der Fachhandel muss anders einkaufen

Martin Engler, Geschäftsführer des Pflanzengroßhändlers EPS, schilderte im Anschluss die aktuelle Situation auf dem Pflanzenmarkt. Er habe mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, das allergrößte Problem sei jedoch der massive Einstieg des LEH in den Pflanzenhandel.

„Der organisierte Handel kauft wesentlich strategischer ein, als das der Fachhandel tut, und ist damit für die produzierenden Gärtner der verlässlichere und lukrativere Partner“, erklärt Martin Engler. Schon vor der Coronapandemie habe bei den Produzenten ein Strukturwandel begonnen. „Die Gärtnereien gleichen Fabriken, die Mengen sind gigantisch groß geworden, diese großen Gärtnereien brauchen verlässliche Abnehmer. Der Fachhandel hat bei den Gärtnereien deshalb seinen Stellenwert verloren“, erklärt Engler.

 Martin Engler, EPS – Euregionales Pflanzen Servicecenter: „Die Kurzfristigkeit, die sich der Fachhandel im Pflanzeneinkauf herausnimmt, 
führt dazu, dass sich viele Gärtner in Richtung des branchenfremden Handels organisieren und die Warenbeschaffung für 
den Fachhandel immer schwerer wird.“ 

Die Kurzfristigkeit, die maximale Unverbindlichkeit, die sich der Fachhandel im Einkauf herausnimmt, führt dazu, dass sich viele Gärtner in Richtung branchenfremder Handel organisieren und die Warenbeschaffung für den Fachhandel immer schwerer werden wird. „Und das wird sich nächstes Jahr nicht entspannen, eher im Gegenteil“, ist Engler überzeugt.

Der einzige Ausweg sei, dass der Fachhandel mit einer ähnlichen Verbindlichkeit an die Gärtner herantritt, wie der organsierte Handel das derzeit tut. „Ich brauche beispielsweise jetzt die Aussagen von den Händlern, wie viele Primeln sie im kommenden Jahr abnehmen werden, damit ich mit einer entsprechenden Menge an die Gärtner herantreten und und Absprachen treffen kann“, erklärt Engler.

Lieferanten brauchen Verlässlichkeit

Dabei gehe es keineswegs darum, dass die Ware in einer bestimmten Kalenderwoche abgenommen werden muss. Vorplanung und verbindliche Aussagen – das ist auch ein Wunsch, den Dirk Martens vom spanischen Unternehmen Axarquia Plants in die Runde richtete. „Wir empfehlen unseren Kunden, schon jetzt mitzuteilen, was man für das kommende Jahr braucht. Wenn 2022 ähnlich verläuft wie die vergangenen Monate, sehe ich in Bezug auf die Lieferfähigkeit schwarz. Am Donnerstag bei uns anzurufen und Pflanzen für eine Lieferung am Montag zu bestellen, geht nicht mehr“, mahnt Martens. Und diese Situation werde in diesem und im kommenden Jahr anhalten, ist er überzeugt, denn die Produktion komme der enorm gestiegenen Nachfrage ja gar nicht hinterher.

   André Helsper, Bauherr Gartengeräte und Bauwerkzeuge GmbH: „Das ist ein lehrreiches Jahr für viele, 
weil die Waren nicht wie gewohnt immer 
verfügbar sind. In Zukunft wird es weniger 
darum gehen, im Januar noch ein 
Schnäppchen zu machen, stattdessen steht 
die Warenverfügbarkeit im Mittelpunkt.“ 

Auch André Helsper, Bauherr Gartengeräte und Bauwerkzeuge GmbH, der dritte Experte in der Runde, forderte mehr Verbindlichkeit von Seiten des Fachhandels. „Wir gehen als Lieferanten in Vorleistung, da gehört für mich eine gewisse Verlässlichkeit von Seiten der Händler dazu.“ In Zukunft gehe es darum, in einer langjährigen Zusammenarbeit mit den Lieferanten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Aus einigen Rückmeldungen von Seiten der Fachhändler in der Runde wurde deutlich, dass der ein oder andere bisher dennoch zurückhaltend geordert hat, zum Teil aus Angst, jetzt zu sehr hohen Preisen einzukaufen und dann das Lager voll zu haben, wenn die Preise möglicherweise wieder sinken. Aber auch dazu das ganz klare Feedback von Lieferantenseite, aber auch von einigen der anwesenden Fachhändler: Es ist völlig falsch, jetzt aus Angst vor fallenden Preisen nicht zu bestellen – das Risiko, in der kommenden Saison ohne Ware dazustehen, ist ungleich höher. Die Verfügbarkeit der Ware wird noch eine Weile der begrenzende Faktor beim Einkauf bleiben, so die einhellige Meinung der Experten.

 

 

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