Logo DEGA GRÜNER MARKT

Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Mathys fragt... Oliver Mathys

Verlasst euch auf eure Stärken!

Oliver A. Mathys begleitet "DEGA GRÜNER MARKT" seit 2007 als Kolumnist. Der Gärtner und Floristmeister war im Export aus den Niederlanden tätig und ist als Betriebsconsultant europaweit unterwegs. Dabei erlebt er viel Positives, trifft aber auch immer wieder auf Frustration und Selbstzweifel über die Zukunft und die notwendigen Marktanpassungen. In einer zweiwöchigen Auszeit in Norwegen hat er ein wenig Abstand gewonnen und beschlossen, in dieser Kolume, in der er sich sonst mit Kollegen austauscht, in ein Selbstgespräch über die aktuelle Situation und die Zukunft der Branche zu gehen.
Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Oliver Mathys
Artikel teilen:

Oliver Mathys: Wie bis du eigentlich in der grünen Branche gelandet?

Oliver Mathys: Zur Auswahl standen eine Banklehre, ein Jurastudium und – die Idee meiner Oma – eine Gärtnerlehre. Damals galt noch der Spruch: Wer nichts wird, wird Gärtner. Meine Begeisterung über diese Idee hielt sich deshalb in Grenzen. In der Schweiz hatte ich die Möglichkeit, eine Woche in einem Betrieb mitzulaufen und nach einer zweiten Arbeitswoche stand fest: Ich werde Gärtner. Woher der Sinneswandel kam? Mein Chef, Heinz Sommer, wusste mich zu begeistern und vermittelte mir während der Ausbildung, dass ich stolz auf mein Handwerk sein kann. Und das bin ich bis heute. 

OM: Die europäischen Gartencenter klagen über die Konkurrenzsituation. Baumärkte bieten immer günstigere Produkte und alles, was nicht lebendig ist, wird im Internet billiger angeboten – ein aussichtsloser Kampf?

OM: Das Thema steht mir echt Oberkante Unterlippe. Warum verlassen sich die Kollegen nicht viel mehr auf ihre eigenen Stärken? Im Pflanzensektor gibt es so viele Möglichkeiten, sich zu unterscheiden. Aber gerade bei Gartencentern erlebe ich oft, dass Pflanzen, vor allem Neuheiten, unter Wert verkauft werden. In Deutschland ist der Erzfeind ja seit jeher der Baumarkt, während in anderen Ländern die ganze grüne Branche an einem Tisch sitzt und überlegt, wie man dem Preiskampf mit den Lebensmitteldiscountern entkommt. Und kein Onlineshop kommt an das echte Erlebnis vor Ort heran. Vorausgesetzt, dass es dort echtes Erleben gibt und man sich als Kunde willkommen fühlt.  

OM: Fühlst du dich nicht immer und überall willkommen?

OM (schmunzelnd): Ich mich schon, aber ich erlebe in Unternehmen doch einige Situationen, in denen ich als Kunde kopfschüttelnd den Laden verlassen würde. Ein Beispiel: Ein Kunde hat sich für eine Beaucarnea entschieden, die um die 200 Euro kosten sollte. Doch an der Gefäßauswahl scheiterte es dann. Der, wie der Verkäufer mehrfach betonte, doch sehr teure Topf sei sehr schwer und nur schwierig vom Regal zu holen. Der Kunde sagte zum zweiten Mal, dass er ihn sehr gut finde – ob man die Pflanze mal reinstellen könne. Der Verkäufer antwortete, er schaue mal, ob er einen Kollegen finde, der helfen könne, aber dann müsse sich der Kunde sicher sein, dass er das teure Gefäß wirklich wolle. Und damit hatte er es endlich geschafft – der Kunde verließ das Gartencenter ohne Beaucarnea. 

OM: Du behauptest also, die Gartencenter haben unqualifiziertes Personal?

OM: Keinesfalls! Da trifft man tolle Fachleute! Leider sprechen sie jedoch in einer anderen Sprache als die Konsumenten. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum sich viele schwer tun, jüngere Verbraucher zu erreichen.   

OM: Was also ändern?

OM: Weniger Angst vor Veränderung haben. Und dann alle notwendigen Schritte konsequent  umsetzen und nicht gleich wieder Angst vor der eigenen Courage haben. Warum nicht Bereiche wie soziale Netzwerke oder aktuelle Produktsortimente ganz aus der Hand geben? Aber komplett und nicht mit den Worten „unsere Kunden wollen das aber so“ dann doch eingreifen. Andere Anbieter spielen sich viel leichter auf die Veränderungen im Markt ein. In anderen europäischen Ländern finde ich in Boutiquen und Gadgetstores tolle und aktuelle Grünpflanzensortimente. In Deutschland beginnt diese Konkurrenz gerade erst zu wachsen. Gartencenter müssen jetzt darauf reagieren und entsprechende Produkte in Szene setzen, und zwar anders, um sich abzuheben, und sie sollten keinesfalls zu billig verkauft werden.

OM: Wo siehst du denn die größten Chancen?

OM: Beispielsweise in der Gastronomie – und zwar nicht in Aufbackbrötchen und zwei Sorten Cremeschnitten, sondern in authentischem regionalem Essen. Dabei können Kräuter, Blüten oder hausgemachte Marmeladen toll integriert werden. Oder warum nicht auch branchenfremde Produkte integrieren? Drinnen bieten sich Wellness- und Pflegeprodukte geradezu an. Und in Sachen Kommunikation kann man ganz schnell große Schritte machen. Ich rufe seit Jahren, dass soziale Netzwerke stärker eingesetzt werden sollten. Wenn man dies mit seinem Team lebt und glaubwürdig nach außen trägt, erreicht man leicht eine breitere Zielgruppe. Wichtig ist, offen durch die Welt zu gehen und zu überlegen, was man auf das eigene Unternehmen übertragen kann.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren