Mehr Grün muss in italienische Städte
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Oliver Mathys: Silvano, Europa verändert sich, Retail wird neu definiert und die grüne Branche hat einige Herausforderungen vor sich – ist das in Italien identisch?
Silvano Girelli: Ich glaube, dass die Unterschiede in den europäischen Ländern nicht so groß sind, wie viele glauben. Wie in den Niederlanden stehen bei uns Produktionsgärtner stark unter Druck. Viele, gerade jüngere Leute haben kein oder nur wenig Interesse an Garten und lebendem Grün – man macht sich ja die Finger schmutzig. Das ist dann sowohl bei der Suche nach neuen Mitarbeitern, aber auch im Absatz ein Problem.
OM: Welche Ansätze habt ihr, um die Situation langfristig zu verändern?
SG: Das ist ein langwieriger Prozess. Es besteht keinerlei Lobby für unsere Branche – das wussten wir schon länger, haben es aber immer einfach so hingenommen. Da haben wir seit rund einem Jahr selbst Veränderungen in die Wege geleitet. Es ist wichtig, dass in öffentlichen Bereichen wieder vermehrt Grün eingesetzt wird, dass die Jugend in Schulen Zugang zur Materie erhält und so nachhaltig für unsere Branche die Zukunft mitgestalten kann. Eine Idee, die zurzeit bei der Regierung liegt, ist die finanzielle Unterstützung für Grünflächen. Wenn Neubauten entstehen, soll eine Art Föderprogramm für die Integration von Pflanzen entstehen. Dadurch wird Umsatz in der Branche geschaffen und der breiten Öffentlichkeit aufgezeigt, wie wichtig Pflanzen sind.
OM: Es überrascht mich, dass in Italien dieser Ansatz gewählt wird, der eher an nördlichere Länder erinnert.
SG: Wie schon gesagt, Italien ist zwar etwas südlicher gelegen, aber doch ähnlich. Jugendarbeitslosigkeit, Nachhaltigkeit, Gesundheit – alles spielt eine ähnlich wichtige Rolle. Gerade weil in Italien der Tourismus eine wichtige Einnahmequelle ist, muss auch mehr Grün den Weg zurück in unsere Städte finden. Das ist einer der wichtigen Ansatzpunkte und Skeptiker werden mit diesem Argument schnell überzeugt.
OM: Lass und noch auf den IGCC zu sprechen kommen: Der „Study Bus“ für Jungunternehmer kam gut an. Einige Mitglieder der Jungunternehmer aus dem VDG (Verband deutscher Gartencenter) haben teilgenommen. Habt ihr Vergleichbares in Italien?
SG: Leider nicht – viele Gartencenter werden von der „alten Garde“ geführt und der Nachwuchs tut sich da noch schwer. Und ehrlich gesagt bin ich froh, dass wir hier beim IGCC mit den Südtirolern zusammen eine Gruppe von acht Italienern sind. Die Unterschiede zwischen den Regionen bei uns sind, glaube ich, noch viel stärker ausgeprägt als in Deutschland. Zwischen Mailand, Südtirol, Rom und Sizilien liegen Welten. Wir merken das immer in unserer Einkaufsgruppe und im Gartencenterverband, wo es nicht immer leicht ist, den gemeinsamen Nenner zu finden. Da sind viel Zeit, Geduld und Redebedarf gefragt.
OM: Ende November kommt eine Gruppe des VDG auf ihrer Weihnachtsreise nach Italien, um dort Gartencenter zu besuchen. Was erwartet uns da?
SG: Weihnachten in Italien bedeutet vor allem viel Tradition. Natürlich gehören allerlei Leckereien dazu, aber auch Kunsthandwerk, wie Krippen und andere Schnitzarbeiten. Ein bisschen Kitsch muss in Italien einfach sein. Das heißt auch, dass der bunte, blinkende Weihnachtsbaum nicht fehlen darf. Vergiss nicht – und da bin ich selbst immer wieder überrascht: Auf der Christmasworld sind wir die größte ausländische Besuchergruppe. Weihnachten ist ein Fest – und wir Italiener verstehen Feste zu feiern!
OM: Da gibst du mir noch ein gutes Stichwort – auf der Christmasworld findet nächstes Mal die Floradecora statt. Was sagst du zu diesem Konzept?
SG: Eigentlich überraschend, dass es so lange gedauert hat, bis die Messe Frankfurt und die spoga+gafa reagiert haben. Man muss auf jeden Fall mehr lebendes Grün mit der Hartware kombinieren – Inspirationswelten müssen geschaffen werden. Klar werden dadurch auch andere Berufsgruppen angespornt, um grüne Produkte zu verkaufen – aber das wird uns als Sektor sicher weiterbringen, sofern wir diese Chance sehen und auch ergreifen.
OM: Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch!
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