Wir müssen zurück zu alten Werten
Anne Bert Fokkema ist verantwortlich für das Business development bei Smit Kwekerij (www.smitkwekerijen.com) aus Sappemeer im Norden der Niederlande. Oliver A. Mathys sprach mit ihm über veränderte Marktbedingungen, Überproduktion und niedrige Preise.
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Oliver Mathys: Hallo Anne Bert! Im Moment geht es den niederländischen Gärtnern nicht gut: Überproduktion, niedrige Preise, der wegfallende russische Markt etc. Was unterscheidet euch bei Smit von anderen?
Anne Bert Fokkema: Stimmt, im Moment wünschen sich sicher viele, in einer anderen Branche tätig zu sein. Und auch wir mussten uns intern an die veränderten Marktbedingungen anpassen. Aber erstmal zum Sortiment und was uns unterscheidet: derzeit haben wir rund 40 verschiedene grüne Pflanzen in verschiedenen Topfgrößen. Also eine regelrechte Kollektion, die wir unter dem Namen Eden-Collection vertreiben. Dabei stehen bei uns die Bedürfnisse der Kunden im Fokus. Es ist in den letzten Jahren zu viel an lebendem Grün verkauft worden, womit der Konsument negative Erfahrungen gesammelt hat. Deshalb sind unsere Pflanzen sehr pflegeleicht, bleiben auch nach einigen Monaten noch schön kompakt, diese Eigenschaften stehen bei uns an erster Stelle.
Oliver Mathys: Ich kenne euer Sortiment und kann das bestätigen. Aber zurück zu den internen Anpassungen ...
Anne Bert Fokkema: Auch bei uns fand ein Umdenken statt – weg von reiner Massenproduktion, hin zu marktkonformen Mengen. Uns steht eine Produktionsfläche von 160 000 m2 zur Verfügung. Da hat man auch mal schnell ein bisschen zu viel auf Lager. Noch vor Jahren ging es stets um eine 100%-ige Auslastung der Produktionsfläche, wir sorgten damit selbst für einen Preisverfall unserer Produkte. Eine weitere Anpassung war, dass wir für den Verkauf unserer Eden-Collection ein Netz an Fachgartencentern aufgebaut haben, die unsere Produkte das ganze Jahr über vertreiben.
Oliver Mathys: Heißt das, dass ihr die Gartencenter direkt beliefert, also ohne Exporteur arbeitet?
Anne Bert Fokkema: Wir suchen zwar den direkten Kontakt zu den Händlern, wir wollen aber keinesfalls die Exporteure ausbooten. Wichtig ist uns, dass unser Konzept mit allen dazugehörigen Information und als Gesamtsortiment angeboten wird. Und leider fällt oftmals der eine oder andere Exporteur Entscheidungen an Stelle des Einkäufers, ich meine damit, dass einige Produkte nicht in die Angebotslisten für die Gartencenter aufgenommen werden. Das ist auch einer der Gründe, weshalb wir selbst auf Messen stehen. Dort können interessierte Kunden die Breite unseres Angebots sehen und den Mehrwert erkennen, den wir mit dem Sortiment geschaffen haben.
Oliver Mathys: Warum wird nicht immer das gesamte Sortiment angeboten?
Anne Bert Fokkema: Da oft noch über den Preis verkauft wird, werden Artikel, die an der Uhr billig gekauft werden, auf den Eden-Tischen untergemischt. Aber dann passt das Gesamtkonzept gar nicht mehr. Das Konzept kann ja nur wirken und echten Mehrwert erzeugen, wenn es komplett ist.
Oliver Mathys: Wie findet ihr eure Neuheiten? Es gibt vermutlich keinen Züchter und Jungpflanzenlieferanten der euch versorgt?
Anne Bert Fokkema: Stimmt, wir produzieren unsere Jungpflanzen selbst. Zum Glück haben wir Obed Smit, der mit viel Begeisterung durch die ganze Welt tourt und als sogenannter Pflanzen Hunter Neuheiten sucht. Es ist immer wieder spannend zu sehen, womit er so alles zurückkommt. Es dauert natürlich Jahre, bis aus einer Neuheit, die man entdeckt, eine Pflanze für den Endverbraucher wird. Und dann ist da noch die Frage, wie ein Produkt beim Konsumenten ankommt. Unser Ziel ist es, jedes Jahr zwei bis drei neue Produkte auf den Markt zu bringen.
Oliver Mathys: Zuletzt wie immer meine Frage nach deinem Wunsch für die Branche: Wenn du etwas an der heutigen Situation verändern könntest, was wäre das?
Anne Bert Fokkema: Wir müssen im Fachhandel wieder zurück zu alten Werten. Gute Qualität zu fairen Preisen – ein Verramschen von Produkten ist unnötig. Und ganz klar brauchen wir wieder mehr Dienstleistung und kundenorientiertes Denken auf der Verkaufsfläche. Dass das leichter gesagt ist als umgesetzt, ist mir bewusst, ich bin jedoch davon überzeugt, dass wir durch Zusammenarbeit mit dem Handel mehr bewegen können, als wir uns oftmals selbst zutrauen.
Oliver Mathys: Vielen Dank Anne Bert!
Oliver A. Mathys begleitet DEGA GRÜNER MARKT seit 2007 als Kolumnist. Der Gärtner und Floristmeister ist als Commercial Director Gardencenter beim belgischen Spezialisten für Interior Design D&M europaweit unterwegs. Er befragt an dieser Stelle Kolleginnen und Kollegen zu Situation und Zukunft der Branche.
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