Wie sieht Erfolg aus?
Erfolg ist eine vielschichtige Angelegenheit. Ihn einfach nur nach monetären Werten zu betrachten, ist besonders in kreativen und handwerklichen Branchen zu eindimensional, stellen Frau Tat und Herr Rat fest. Persönliche Zufriedenheit entsteht ganz unterschiedlich: Für die einen ist eine positive Teamdynamik wichtig, für die anderen zählt das gute Feedback der Kunden am meisten und für manche sind es die Möglichkeiten, seine Strukturen selbst zu gestalten, um festzustellen, dass das eigene Tun erfolgreich ist. Da kommt die Frage auf, ob Erfolg überhaupt messbar ist. Hier einige Ideen dazu.
von Jessica Grund-Grube, Braunschweig und Rupert Fey, Bargfeld-Stegen erschienen am 10.07.2025Ganz individuell
Der Faktor Wirtschaftlichkeit hat für ein Unternehmen viel Gewicht. Aber ist er für jeden einzelnen der Faktor, mit dem Erfolg definiert ist? Vielleicht steht ein gutes Feedback von Kunden für Erfolg. Für den anderen ist ein Faktor, wenn das Team reibungslos und harmonisch durch den Alltag kommt. Ein weiterer Erfolgsfaktor kann sein, dass der Arbeitstag Spaß gemacht hat, weil die Freude am kreativen Arbeiten für Zufriedenheit sorgt. Oder ist doch am wichtigsten, dass am Ende die Kasse ordentlich geklingelt hat? Fakt ist, dass Erfolg sehr unterschiedlich definiert wird und die Lebensphase, das Umfeld und die eigene Position im Unternehmen dabei eine Rolle spielen.
Lässt sich Erfolg messen?
Erfolg ist relativ, wenn ich ihn nicht messbar mache. Wer Ziele hat, kann feiern, wenn sie erreicht sind. Wichtig dabei ist, dass die Ziele realistisch und klar definiert sind. Zum Beispiel der Vorsatz, im ersten Jahr fünf Workshops mit jeweils mindestens fünf Teilnehmern zu veranstalten. Oder zumindest einmal im Jahr ein Mitarbeitergespräch durchzuführen. Deine Ziele legst du für dich fest und bist frei, danach zu handeln. Ziel erreicht? Großartig. So kann der Erfolg wahrgenommen UND gefeiert werden. Es waren sogar mehr als fünf Teilnehmer pro Workshop? Ein großer Erfolg und die Chance, noch etwas größer zu denken.
Das feiern wir!
Ein Konzept ging auf? Ein Kunde gibt ein tolles Feedback? Es muss nicht die Flasche Sekt sein, um das zu feiern, sondern einfach ein Annehmen und Wertschätzen der eigenen Leistung, um Erfolge als solche wahrzunehmen. Vielen Menschen, insbesondere Frauen, fällt es schwer, Lob anzunehmen, ohne die Leistung kleinzureden. Kunde: „Die Dekoration für die Hochzeit war wirklich wunderschön.“ Da passt ein „Danke, das freut mich sehr!“ statt „Oh danke, aber dafür sind wir ja da“. Wertschätzen und Teilen von Lob können einen tollen Motivationsschub geben. Ein gemeinsames Ritual – Frühstück fürs Team oder ein gemeinsames Getränk nach einem gut absolvierten Stoßtag – kann dazu auch beitragen.
Grüne Erfolgsfaktoren
Gibt es branchenspezifische Erfolgsfaktoren? Zum Beispiel die Gleichung „Je weniger Schlaf desto erfolgreicher?“ Wer kennt es (noch), wenn morgens auf dem Großmarkt damit gewetteifert wird, mit wie wenig Schlaf, dafür aber mit maximalen Überstunden der Feiertag durchgestanden wurde, im Sinne von „Viel Chaos für maximalen Erfolg“? Das Umdenken hin zu mehr Balance durch mehr Planbarkeit kann ein – neuer – Erfolgsfaktor sein. Struktur statt Stress!
Das richtige Werkzeug
Konkrete Ziele helfen dabei, Erfolg zu messen. Diese Tools können dabei unterstützen:
- Visionboard: Es ist eine gute Möglichkeit, um sich über Ziele klarzuwerden und sie sichtbar zu machen, also mit Bildern und eventuell Stichworten die Wunschvorstellung vor Augen zu haben.
- Checkliste: Das Ausspeichern der To-dos macht den Kopf freier, es teilt die unendliche Kette an Aufgaben in absehbare Teilbereiche und es bietet die Möglichkeit, hinter jeden erledigten Punkt einen Haken zu setzen – kleine Schritte werden sichtbar. Überall ist ein Haken dran? Ein befreiendes Gefühl von „geschafft“!
Was ist realistisch?
Um erreichbare Ziele zu setzen, ist es wichtig, die eigene Situation richtig einzuschätzen. Als Erfahrungswerte, zum Beispiel über die benötigte Anzahl von Sträußen und Pflanzkörben zu Muttertag, helfen die Zahlen und Auswertungen vergangener Jahre. Über die eigenen Erfahrungswerte hinaus hilft der Austausch mit Kollegen, um Benchmarks abzugleichen. Netzwerke mit Unternehmen vor Ort sind gut, um regionale Besonderheiten für realistische Zielsetzungen mit einzubeziehen. Wenn es um ganz neue Konzepte geht – ein Blumenautomat, ein SB-Bereich … – bietet sich gegebenenfalls zusätzlich zum Gespräch mit erfahrenen Kollegen die Unterstützung durch einen Berater in der Branche an, um die Kalkulation und nötigen Investitionen richtig einzuordnen.
Zum Glück habe ich mich vom ursprünglich gelebten Glaubenssatz „Erfolgreich bin ich, wenn alles mehr und mehr wird“ in den vergangenen Jahren verabschiedet und erkenne Teilerfolge an. Erfolge, die ich mir zugestehe, weil ich mir klare Ziele setze anstatt eines generellen „Mehr“. Ich liebe es, wenn mein Plan aufgeht: Wenn am Ende des Muttertagswochenendes alle Kunden innerhalb der einkalkulierten Zeiten mit Sträußen versorgt sind, die Ware in Menge und Stil gepasst und die Kunden begeistert sind. Außerdem feiere ich, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, es ist gut gelaufen: Ein gemeinsames Fazit gehört zu den Ritualen nach besonderen Verkaufstagen und Festen dazu, genauso wie die Pizza als Mittagsmotivator an Stoßtagen.
Mich befriedigt es auch, wenn ich meine Kennzahlen im Blick und im Griff habe. Da fällt es mir mit dem Blick auf vergangene Jahre sowie die Kenntnis der üblichen Branchenkennzahlen verhältnismäßig leicht, in die Planung zu gehen und in Abständen einen konkreten Abgleich zu machen.
Bei ganz neuen Themen hilft es mir, meine Wünsche und Ziele zu visualisieren: Als ich vor drei Jahren mit unserem Werkraum gestartet bin, habe ich ein Moodboard gestaltet. Welche Atmosphäre, Ausstattung und Themen wünsche ich mir, wie bewegen wir uns im Werkraum? Es ist ein tolles Gefühl, die Vision nun in echt zu erleben. Die Anzahl der Workshops, Buchungen und der Preisspannen konnte ich im Austausch mit Kolleginnen ungefähr überschlagen und für mich als Ziel festlegen. Ich mache immer wieder an erfüllte Punkte „einen Haken“ und genieße bewusst, was klappt.
Klar, wirtschaftlicher Erfolg ist die harte Währung, an schwarzen Zahlen im Jahresabschluss geht kein Weg vorbei. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Im Alltagsgeschäft definiert sich Erfolg vielschichtiger. Da ist zum einen das Lob der Kunden nach einer gelungenen Arbeit, einer tollen Aktion oder einem Projekt. Wer kennt es nicht: Die Kundin meldet sich nach dem großen Tag und bedankt sich überschwänglich – das hebt sofort die Laune im Team, auch wenn es vorher hektisch war, im Lager die richtige Vase zu suchen oder noch spätabends die letzten Sachen zu arrangieren. Trotzdem: Wenn am Monatsende der Kontostand nicht stimmt, nutzt das schönste Kundenlob wenig. „Das bringt mich über den Tag, aber nicht übers Jahr“, wurde einmal treffend formuliert.
Gerade Betriebsinhaber/-innen müssen die wirtschaftliche Basis sichern, damit Freiheiten überhaupt möglich werden – sei es, um Zeit für die Familie zu haben oder neue Konzepte wie einen SB-Blumenautomaten zu erproben. Und diese Freiheiten kosten meist Geld. Erst ein gewisser Puffer ermöglicht die Ruhe für solche Ideen und natürlich gibt er auch die Möglichkeiten zur Entlastung durch Personal.
Spannend ist, wie stark sich die Ansprüche auch in unserer Branche gewandelt haben. Flexibilität wird heute viel höher bewertet – Homeoffice, digitale Angebote und variable Öffnungszeiten schaffen ganz neue Spielräume. Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben: Noch beim Auspacken der Hortensien am Samstag schnell eine Online-Bestellung checken – willkommen im neuen Alltag.
Es bleibt eine große Herausforderung, klare Strukturen herzustellen, die die gewonnene Freiheit auch genießen lassen: Erfolg bedeutet heute, im Spagat zwischen Kundenzufriedenheit, wirtschaftlicher Sicherheit und Lebensqualität die eigenen Prioritäten immer wieder justieren zu können. Ein Tipp aus der Praxis: Definiere dir messbare, realistische Ziele – ob nun zehn gut besuchte Workshops, eine bestimmte Umsatzgrenze oder einfach die Regel, das Handy nach Ladenschluss wegzulegen. Ein Mitarbeiter-Feedback, ein voller Kurs oder die erfolgreiche Umstellung auf ein effizienteres Kassensystem – all das sind Etappensiege, die gefeiert werden sollten.
Nicht immer nur den perfekten Plan jagen, sondern das Erreichte wahrnehmen und würdigen. Das gilt übrigens fürs Team genauso wie für Inhaber und Führungskräfte. Denn: Wer Erfolg nur an der längsten To-do-Liste und nächtlichen Überstunden festmacht, bleibt auf Dauer unzufrieden. Erfolg ist mehrdimensional, der Mut, ihn nicht nur am Kontostand, sondern am eigenen Maßstab festzumachen. Zufriedenheit, Lob, Freiheiten und schwarze Zahlen – alles gehört dazu. Mut zur eigenen Erfolgsdefinition, messbar, transparent und praxisnah – das ist mein Wunsch für die Leser/-innen.
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