Flexibler Kalkulationssatz
Erko Feigl erklärt, warum einfach nur stur die Ware teurer zu machen eine Sackgasse ist und wie es seiner Meinung nach besser geht, die höheren Preise durchzusetzen: Fingerspitzengefühl, alte Denk- und Rechenmuster vermeiden und sich ein Beispiel am Großhandel nehmen!
von Erko Feigl erschienen am 10.07.2025Es mag nun fünf oder sechs Jahre her sein, als ich mir im Florum, einem Forum auf Facebook, mit einer von mir angeregten Diskussion eine „blutige Nase“ geholt habe. Auslöser war eine Preis- oder eher Kalkulationsdiskussion zu Preisen an Tagen wie Valentin, Weihnachten oder Muttertag. Und ich erinnere mich noch ganz genau, als ich erwähnte: „Wenn dir zu normalen Zeiten mit normalen Umsätzen ein Aufschlag von 2 € auf die Rose ‚reicht‘ (das Beispiel war Rose zum Einkaufspreis von 1 € und dem Verkaufspreis im Laden von 3 €), warum reicht dann dieser Aufschlag nicht zu Spitzenzeiten mit so viel mehr an Umsatz als sonst. Die gleiche Rose um 2 € im Einkauf würde dann 4 € im VK kosten – also auch die 2 € mehr wie zu normalen Zeiten, nur dass erheblich mehr Stückzahlen über den Tresen gehen. Um es kurz zu machen, ich wurde überschüttet mit negativen Kommentaren. Und doch verfasse ich gerade hierüber die folgenden Zeilen.
Zeiten haben sich geändert
Früher war alles besser oder einfacher? Das mag stimmen. Zu meiner Lehrzeit bzw. in den frühen 70er/80er Jahren hat man Nelken noch für 10 bis 12 Pfennig eingekauft und für eine Mark weiterverkauft. Dazu ein paar Stängel Asparagus aus der Gärtnerei – wuchs ja unter den Tischen und hat somit quasi nichts gekostet – und man hat eine Pauschale verlangt fürs Binden. Arbeitszeit berechnen? Das war völlig jenseits der Vorstellungskraft. Denn Faktor 5/8 als Aufschlag und geringe Mieten und Personalkosten, aber auch wirklich hohe Stückzahlen im Verkauf haben zumindest damals fast schon eine Goldgräberstimmung ausgelöst. Immobilien, Grundstücke usw. waren keine Seltenheit, sondern absolut möglich und normal.
Mein Kommentar damals im Florum stieß auf Unverständnis unter den meisten Kollegen, doch wie man heute sehen kann, sollte ich (leider) Recht behalten. Denn wir bewegen uns inzwischen bei Einkaufspreisen, die uns im Einzelhandel oft bei starrer Kalkulation quasi ins Aus schießen. Denn es verschreckt Kunden und ist oft genug auch dem Kunden gegenüber nicht zu erklären. Auch, weil die Preise im Lebensmitteleinzelhandel nicht so exponentiell gestiegen sind.
Aber was soll man dagegen tun?
Im Sommer hatte man früher wieder etwas „reinholen“ können. Denn da waren die Blumen oft sehr günstig und man konnte hier den Aufschlag „anheben“ bzw. den gesunkenen EK schlicht nicht komplett weitergeben. Geht diese Möglichkeiten heute noch? Nein. Deshalb steht so mancher heute vor dem Problem, dass die teilweise sogar steigenden Umsätze die laufenden Kosten nicht mehr decken oder es springt nicht wirklich mehr Gewinn ab. Ein Dilemma. Wenn auch nur eine Sichtweise bzw. nur ein Teil des Problems. Denn wir haben schlicht nicht gelernt, kaufmännisch zu denken. Sind uns sehr selten wirklich bewusst, wie hoch unsere Kosten im Monat sind und was unser Deckungsbeitrag ist, um diese auch zu decken und – so muss es eigentlich sein – noch einen Puffer zu erarbeiten für spätere Investitionen.
Fingerspitzengefühl
Eine liebe Kollegin hat mir am Telefon erzählt, dass sie seit vielen Jahren ein Autohaus mit Sträußen beliefert und dafür bis vor Kurzem auch keine Liefergebühr berechnete. Da ihr ein befreundeter Wirtschaftsprüfer ausrechnete, dass sie hier keine 4 € pro Strauß verdient, eigentlich sogar Geld verliert, fasste sie sich ein Herz und kontaktierte das Autohaus mit „Sternservice“. Nach einer kurzen Erläuterung, dass nun zukünftig Lieferkosten anfallen werden, kündigte das Autohaus die Zusammenarbeit. Die Kollegin teilte damit umgehend mit, dass sie ihr Fahrzeug zukünftig aber auch nicht mehr zu Kundendiensten bringen wird, da ihr die freie Werkstatt im Ort doch preislich deutlich weniger pro Stunde abverlangen würde.
Die Geschichte zeigt, wo das Problem liegt: Nachträglich Preise anheben und/oder für Dienstleistung anfangen, Geld zu fordern, ist nicht leicht. Es braucht Fingerspitzengefühl, Durchsetzungsvermögen und das entsprechende „Standing“.
Der Monat entscheidet
Da lohnt sich der Blick auf den Großhändler vor Ort. Bei ihm zählt ganz oft der Monat, also wie viel Umsatz muss im Monat generiert werden, um kostendeckend „Plus x“ zu arbeiten, beziehungsweise was sind meine Fixkosten im Monat. Diese müssen „erwirtschaftet“ werden. Das sollte sich jeder von uns erst einmal ganz genau aufschreiben und vor Augen führen.
Warum? Weil der Großhandel zu den Hochtagen eben auch ein „kreatives Händchen“ beweisen muss, um seine Kunden nicht zu vergraulen und dennoch auf seine Kosten zu kommen. Ich greife hier bewusst mal die rote Rose heraus. Sie ist zu Valentin extrem hochpreisig. Wenn hier der Großhandel seine normale Kalkulation fahren würde, wären wir als Floristen schlicht nicht mehr bereit, diesen Preis zu bezahlen. Stattdessen wird die Kalkulation nach unten angepasst – weil ja auch ein Vielfaches innerhalb eines kurzen Zeitraumes an Stückzahlen verkauft wird als an anderen Tagen. Wie gesagt, der Monat entscheidet!
Der Aufwand entscheidet
Ein weiteres Beispiel sind „Stiefmütterchen“ im Frühjahr. Ein Artikel, der sehr beliebt ist und dessen Preis bei vielen Kunden im Kopf fest verankert ist. Und ganz ehrlich, was genau ist der „Aufwand“ hier für den Floristen – außer, dass er diese ja auch meist irgendwo holen muss? Oft sehe ich diesen Artikel in Wasserpaletten vor Läden stehen, ein Preisschild dran und fertig. Oft sucht sich der Kunde seine Stückzahl aus, kommt in den Laden, sagt die Stückzahl, bezahlt und geht! Aufwand? Sehr gering, oder? Also warum hier Faktor 3 bis 4 als Aufschlag verwenden? Wenn ich dieses Pflänzchen aber in einem Korb mit anderem zusammensetze, greift eine andere Kalkulation. Hinzu kommen die Arbeitszeit und auch gerne ein etwas höherer Pflanzenpreis, wenn man beispielsweise eine besondere Sorte oder Größe hierfür gewählt hat.
Mit Bedacht gesetzte Kalkulation mit unterschiedlichen Faktoren nach „Renner“ und „Penner“, nach aufwendig und einfach. Aber bitte nicht anfangen die Bundware/SB Ware für 1 € aufzubinden! Denn so gibt man Geld mit und ist in der Verlustzone. Hier müssen realistische Preise verlangt werden. Dies haben wir viel zu lange nicht getan, weil wir immer dachten, das sei mit unserem Aufschlag abgedeckt. Ist es schlicht und einfach eben nicht mehr. Aber dann einfach nur stur die Ware teurer machen, ist oft genug eine Sackgasse. Das verprellt Kunden und spricht sich herum. Es gibt übrigens Kollegen, die Blumen, welche schlicht nur ungebunden gekauft werden, einfach günstiger anbieten (ob nun mit Rabatt oder generell niedriger kalkuliert) – und damit gut fahren. Denn der Kunde weiß hier – als Strauß gebunden kommt Arbeitszeit dazu. Bei einer steigenden Zahl an Kunden, die sich gerne ihre Blumen selbst lose zu Hause in die Vase stellen, ein sinnvoller Weg in meinen Augen.
Klare Kommunikation
Noch ein kurzer Blick über den Tellerrand: Ein Freund hat eine Pflasterbau-Firma und hat (wie wir) das Problem mit stundenlanger Beratung und dass dann mit diesem Plan woanders hingegangen wird. Er ist vor ein paar Jahren dazu übergegangen, sein Material nur noch mit sehr geringem Aufschlag weiterzugeben (zugegebenermaßen ist dies aber auch nicht verderblich), dafür aber sehr akribisch alles an Arbeitsaufwand, KFZ-Kosten etc. zu berechnen. Und bekommt für diese klare, offene Kommunikation dem Kunden gegenüber dennoch mehr als genug Aufträge. Weil sich der Kunde zu keiner Zeit die Frage stellt: „Wie kommt der bitte auf diesen Preis?“ Etwas, was ich als Denkaufgabe jedem mitgeben möchte – ist dies unseren Kunden denn immer klar? Und wenn nicht – warum?
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.