Mathys fragt …
Deutsche Gartencenter – ein Schlaraffenland
Karen Moad betreibt in der Nähe von Sydney ein ganz besonderes Gartencenter. Oliver Mathys hat sie dort im Dezember besucht.
von Oliver Mathys erschienen am 25.02.2025
Oliver Mathys war im Dezember zu Gast bei Karen Moad Geschäftsführerin und Mitinhaberin Australian Gardencentre Rivers of Yarrambat. Das Familienunternehmen liegt in der Nähe von Melbourne. Zum Unternehmen gehört das Mack & Bosco Lifestyle Retreats, hier dreht sich alles rund um Gesundheit.
riversofyarrambat.com © Mathys
OM: Hallo Karen, schön, dass ich dich hier besuchen darf. Ihr habt hier ein besonderes Konzept: Es geht nicht nur um Garten, sondern auch um Yoga, Ballett, Gesundheitsvorsorge und mehr – wie hat sich das entwickelt?
Karen Moad: Wir liegen hier in einer eher ländlichen Umgebung, aber Melbourne ist nur rund 30 km entfernt – sodass sich viele in Richtung Großstadt orientiert haben. Durch meine beiden eigenen Kinder bin ich stark in der lokalen Community integriert und engagiert und kann mich auch als Unternehmerin einbringen. Ich mag es nicht, wenn sich Leute immer nur darüber beschweren, was schlecht ist. Man kann selbst viel zur positiven Veränderung seines Umfeldes beitragen.
Ich freue mich über die kleinen „Ballerinas“, die hier voller Begeisterung ihre Übungen machen und die älteren Leute, die sich wöchentlich zu einer Partie Karten bei uns im Café treffen. Dass dadurch dann auch für unser Gartencenter und Restaurant Umsatz abfällt, ist ein positiver Nebeneffekt. Und das eine oder andere kleine Mädchen, das hier ins Ballett ging, hat bei uns ihre Hochzeit gefeiert.
OM: Der menschliche Faktor ist dir nicht nur wichtig – er steht im Mittelpunkt. Mir ist aufgefallen, dass du mir beim Rundgang alle Mitarbeiter als deine „Säulen des Unternehmens“ vorstellst – mit ihren Stärken und ihren Aufgaben hier. Das habe ich in anderen Gartencentern noch nie erlebt. Meiner Meinung nach gibt es kaum eine bessere Möglichkeit, sein Team an sich zu binden. Was ist deine Philosophie dahinter?
KM: Viele denken immer, dass der Chef alle Belange eines Unternehmens regelt und den Erfolg steuert. Ja, ich sitze am Steuer – aber was wäre ich denn ohne mein Team und meine Familie – schlussendlich sind sie es doch, die den Laden am Laufen halten. Sie sind zudem die Schnittstelle zu all unseren treuen Kunden.
OM: Seit Corona habt ihr zusätzlich zu eurem schönen Restaurant auch noch einen Food-/Coffeeshop vor eurem Geschäft und drinnen viele freie Sitzplätze, wo man in Ruhe sitzen kann. Ihr opfert dafür viel Platz – warum?
KM: Die Idee entstand durch Zufall. In der Corona-Zeit mussten wir unser Restaurant schließen, konnten aber Speisen zum Mitnehmen verkaufen. Wir haben dann auf der überdachten Freifläche zusätzliche Sitzplätze eingerichtet – wo unsere Kunden dann in Ruhe alles verzehren konnten. Das kam so gut an, dass wir es beibehalten haben. Auch den „Food Truck“ vor dem Eingang behielten wir bei. Wir konnten damit die verschiedenen Kundengruppen ein wenig trennen – im Restaurant sitzt nun die Kundschaft, die etwas ausgiebiger isst und durchaus gewillt ist, etwas mehr Geld auszugeben.
OM: Australien liegt etwas abseits und hat sehr strenge Regeln, was Importe angeht. Wie geht ihr damit um – werden alle eure Produkte, auch die Hardware, hier produziert? Wie beeinflusst das euren Alltag, gerade was Pflanzen angeht?
KM: Dies ist eine Frage, die von Europäern oft gestellt wird, weil man in Länderkategorien denkt – oft wird vergessen, dass Australien ein Kontinent ist. Und dementsprechend haben wir hier ein großes Angebot. Wir haben verschiedene Messen im Land, wo wir uns eindecken können. Und durch die unterschiedlichen Klimazonen ist es möglich, viele Pflanzen hier zu produzieren. Dass dabei die Schnelligkeit – und auch die Sortimentstiefe etwas überschaubarer ist, ist eine logische Folge. Aber wir kennen es nicht anders, wir sind so aufgewachsen. Für mich ist es da manchmal schwieriger, wenn ich diese wunderschönen Sortimente in Europa sehe – dann möchte ich selbst einfach nur einkaufen gehen. Für mich ist so manches Gartencenter in Deutschland oder den Niederlanden ein Schlaraffenland – zum Träumen. Und dann haben wir vor kurzem in der Münchner Gegend diese wunderhübschen Weihnachtsmärkte gesehen – da wird jede Frau schwach.
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OM: Mir fällt auf, dass Weihnachten in Australien fast kein Thema ist – jedenfalls nicht so, wie wir es in Europa kennen. Und in Gartencentern bleibt das ganze Spektakel fast unbemerkt. Wie wichtig ist Weihnachten bei euch?
KM: In meinem Herzen ganz wichtig, ich habe auch einen kleinen hübschen Weihnachtsbaum zu Hause. Aber in Bezug auf den Umsatz ist es eher ein mittleres Event. Du merkst ja selbst, dass man bei dem Sommerwetter nicht so leicht in weihnachtliche Stimmung kommt. Da sind wir dann doch lieber im Park mit der Familie beim BBQ oder am Strand und trinken zum Sommeruntergang einen köstlichen Cocktail. Wir Australier haben es schon immer verstanden, die Ist-Situation anzunehmen und etwas Positives daraus zu machen – warum also künstlich verschneite Bäume, wenn Eukalyptus, Sand und Meer locken?
OM: Im Moment beschäftigen uns in Europa Themen wie Politik, Weltfrieden, Inflation, Fachkräftemangel und unkontrollierte Einwanderung. Hier in Down Under kommt mir alles ein bisschen wie eine heile Welt vor – welche Themen bereiten euch hier die meisten Sorgen?
KM: Wir haben hier ähnliche Probleme wie der Rest der Welt. Durch die Globalisierung sind wir ziemlich stark vernetzt. Auf der anderen Seite haben wir schon lange gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn wir unser Schicksal nicht selbst in die Hand nehmen, wird sich nichts verändern. Da hilft uns dann auch das Commonwealth nicht weiter.
OM: Du hast zwei Jungs, fast Teenager, ein florierendes Unternehmen mit vielen verschiedenen Profitcentern und bist auch international viel unterwegs – wie schaffst du es, das alles unter einen Hut zu bekommen?
KM (lacht): Sie haben gerade einen frischen Bananen-Smoothie bekommen und die Cookies stehen schon bereit – diese Bestechung gibt uns eine Stunde, dann sind die beiden oft unberechenbar. Zum Glück kann ich auf meine Familie und ein Netzwerk von Freunden zurückgreifen, die mir genügend Freiraum schaffen. Ich habe mich ja auch in verschiedenen Organisationen und zum Beispiel dem IGCA engagiert – und da bin ich dann schon mal eine Woche unterwegs. Ohne FaceTime und WhatsApp kann ich mir das kaum vorstellen. Obwohl wir natürlich dann schon oft unter der Zeitverschiebung leiden.
OM: Ich bin immer neugierig, wie es bei meinen Kollegen zu Hause aussieht – hast du einen großen Garten oder einen Balkon und viele Pflanzen? Was ist deine Lieblingspflanze?
KM: Nein, aber ich vermisse es auch gar nicht, denn ich bin ja doch meist im Unternehmen und habe die Natur um mich. Deshalb habe ich auch keine Lieblingspflanze, ich liebe die gesamte Natur. Oder doch, ja: Ich mag duftende und essbare Kräuter.
OM: Vielen Dank für die Offenheit und die Gastfreundschaft!
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