Mathys fragt …
Notwendige Veränderungen anstoßen
Oliver Mathys spricht mit Sarah Bronner-Müller, Inhaberin des Gartencenters Müller Blumen und Garten in Schallstadt, über die Herausforderungen, die sie als junge und vor allem weibliche Unternehmerin hat.
von Oliver Mathys erschienen am 29.04.2024
Oliver Mathys: Erzählen Sie uns doch bitte Ihren Werdegang – sind Sie Gärtnerin mit Leib und Seele?
Sarah Bonner-Müller: Ich stamme aus einer Gärtnerfamilie – inzwischen in der 4. Generation –, insofern bin ich sicher mit Leib und Seele dabei. Ich habe aber nach dem Abitur mein duales BWL Studium im Handel- und Dienstleistungsmanagement abgeschlossen. Allerdings bin ich von klein auf dabei, bei uns zu Hause wurden am Küchentisch viele betrieblich wichtige Themen besprochen. Als unser Neubau anstand, der 2012 hier in Schallstadt eröffnet wurde, habe ich den Bau parallel zu meinem Studium miterlebt. 2014 bin ich dann ins Gartencenter als Geschäftsführerin eingestiegen.
OM: Ihr Unternehmen umfasst ja verschiedene Betriebszweige - wie freiwillig war Ihre Entscheidung für den Handel?
SBM: Meine Eltern haben es geschafft, mich von Beginn an für das Gartencenter zu begeistern. Ich habe schon sehr früh hier gejobbt und regelmäßig ausgeholfen. Einige unseres Teams kennen mich noch als junges Mädchen. Und letztlich hat jetzt jeder von uns genau das gefunden, was zu ihm passte – mein Bruder leitet zusammen mit seiner Frau den Landschaftsbau, der sich zu einem äußerst erfolgreichen Unternehmen entwickelt hat. Mein Vater hat seinen Schwerpunkt auf unserer Eigenproduktion, während ich mich um das Gartencenter mit über 30 Mitarbeitern kümmere. Ich denke, dass es gerade in der heutigen Zeit eine Herausforderung ist, ein Unternehmen so an die Veränderungen anzupassen, dass wir auch in Zukunft unsere Existenzberechtigung haben.
OM: Das klingt nach Veränderung? Wie blicken Sie in die Zukunft?
SBM: Zum Wandel gehört Veränderung. Wir werden uns schrittweise von der eigenen Produktion verabschieden. Sie ist immer ein Pfeiler unseres Unternehmens gewesen, aber da mein Vater sich mehr zurückziehen wird und es ein separates Metier ist, wozu es auch die entsprechende Erfahrung und Kenntnisse braucht, werden wir uns auf den Handel konzentrieren. Das heißt dann für uns, dass wir die ans Gartencenter angeschlossenen Produktionshäuser sinnvoll integrieren und nutzen müssen. Weil wir den Fokus weiterhin auf regionale Produktion legen wollen, müssen wir zudem die entsprechenden Produzenten finden. Derzeit nimmt außerdem die Zahl der Teilzeitkräfte im Gartencenter weiter zu. Auch darauf müssen wir uns in der Strategie und der Planung noch besser anpassen.
OM: Gerade der Bereich der Mitarbeiter bereitet zurzeit vielen Kollegen Sorgen – wie gehen Sie damit um?
SBM: Vielleicht habe ich ja einen Vorteil? Als junge Mutter – meine beiden Jungs sind jetzt 3 und 6 Jahre alt – bin ich sozusagen selber eine Teilzeitkraft (lacht leicht in sich hinein). Ich arbeite zwar mehr als 100 %, aber an zwei Nachmittagen bin ich nicht im Betrieb, sondern voll und ganz Mutter. Das ist mir wichtig, aber leicht ist es nicht.
OM: Sie meinen die Doppelbelastung?
SBM: Ich will mich nicht beschweren, aber ich spüre schon, dass von der Chefin immer eine hundertprozentige Verfügbarkeit auf der Fläche erwartet wird. Gleichzeitig hat es aber den Vorteil, dass ich mich in Teilzeitkräfte gut hineinversetzen kann. Deshalb versuchen wir immer, für jeden das passende Arbeitsmodell zu finden. Auch wenn das sicher nicht immer möglich ist.
OM: Gerade in Deutschland gibt es immer noch nicht viele Frauen in Führungspositionen. Sie sind sehr jung ins Unternehmen gekommen, auf welche Akzeptanz ist das gestoßen?
SBM: Ich glaube, dass dies kein großes Thema war. Klar musste am Anfang Klarheit geschaffen werden, da lief dann viel über interne Kommunikation. Aber dadurch, dass gerade die Rückenstärkung durch meinen Vater sehr deutlich war, entstanden wenige Unklarheiten. Mich belastet da schon eher unsere Situation als Einzelkämpfer – die wir als mittelständisches Unternehmen ja sind.
OM: Was meinen Sie damit?
SBM: Mich beschäftigt die Frage, wie wir mit unseren personellen und finanziellen Ressourcen die notwendigen Anpassungen auch in Zukunft stemmen können. Eine Kette oder größeres Unternehmen kann natürlich viel einfacher auch größere Investitionen tätigen. Und gerade was Themen der Nachhaltigkeit oder der Digitalisierung anbelangt, sind die Anpassungen, die notwendig sind, nicht aus der Portokasse zu bezahlen.
OM: Wenn jetzt mal eben eine gute Fee vorbeischaut – was würden Sie sich wünschen?
SBM: Eigentlich nichts – es ist gut, wie es ist. Ich denke, dass ich alles in meinen Händen habe, um die notwendigen Veränderungen anzustoßen. Oder vielleicht doch was – manchmal ist es schwer, sich für einen Weg zu entscheiden. Zu vielen Themen suche ich eine Art Blaupause – wie man was am besten angeht. Denn auch wenn ich mir teure Berater ins Haus holen würde, bekäme ich da nur eine Problemanalyse – und zu wenig einen Lösungsansatz.
OM: Noch eine Frage zum Schluss: Ihre beiden Jungs – sind das schon halbe Gärtner ?
SBM: Einen Garten kann ich den beiden im Moment leider nicht bieten – aber immerhin haben sie ein Hochbeet, wo auch eigene Tomaten, Radieschen und Salat wachsen. Aber der Große ist sonntags schon oft mit im Betrieb – sein Favorit ist die Samenwand, an der er beim Auffüllen mithilft.
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