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Mathys fragt …

Erst Menschen und Umwelt, dann Gewinn

Oliver Mathys zu Besuch bei David Stolk, der mit seinem Unternehmen Stolk Brothers auf die Produktion exklusiver Anthurien spezialisiert ist.

von Oliver Mathys erschienen am 20.01.2024
Oliver Mathys (l.) zu Besuch bei David Stolk © Mathys
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Zur Person
David Stolk
führt gemeinsam mit seinem Bruder Pieter den renommierten Familienbetrieb Stolk Brothers in der 4. Generation. Das niederländische Unternehmen ist auf die Produktion exklusiver Anthurien spezialisiert. stolkbrothers.nl
Oliver Mathys: David, nicht jeder in der „grünen Welt“ kennt dich, erzähl kurz, wer du bist. David Stolk: Ich bin David – 37 Jahre alt und ein typischer Gärtnersohn. Der Gärtnerberuf wurde mir sozusagen mit der Muttermilch eingeflößt. Unser Betrieb liegt in den Händen der 4. Generation und besteht seit fast 100 Jahren. Wobei unsere Wurzeln im Gemüsebau liegen. Mein Urgroßvater und Großvater haben Salat, später auch Gurken und Tomaten produziert, bis dann mein Vater Piet und mein Onkel Kees anfingen, grüne Zimmerpflanzen zu kultivieren. Ab 1990 kamen dann Anthurien hinzu, auf die wir uns spezialisiert haben. Seit 2012 leite ich unser Unternehmen zusammen mit meinem Bruder Pieter – er fokussiert sich auf die Produktion und ich mich auf den Vertrieb. OM: Wir sind ja gerade gemeinsam durch einen Teil eurer Produktionsflächen gelaufen, die Mengen sind beeindruckend – auch für niederländische Verhältnisse. Wie viele Pflanzen produziert ihr pro Jahr? DS: Insgesamt sind es etwas mehr als 2 Millionen Pflanzen. Wiederum verteilt auf sechs verschiedene Topfgrößen vom 7-cm- bis zum 21-cm-Topf. Der Fokus liegt auf dem 12er-Topf. Pro Topfgröße haben wir jeweils acht Sorten – insgesamt etwas über 20 verschiedene in unserem Sortiment.
OM: Wir kennen uns jetzt seit gut 15 Jahren, und ich weiß, dass euch Nachhaltigkeit schon immer am Herzen liegt. DS: Das stimmt – bereits in meiner Jugend haben mein Bruder und ich miterlebt, was es bedeutet, mit Schädlingsbekämpfungsmitteln umzugehen, da mein Vater mit verschiedenen Auswirkungen körperlich darunter zu leiden hat. Es gab damals keine Alternative, wir haben dann aber bereits 1992 auf rein biologische Schädlingsbekämpfung umgestellt, und glaub mir, das war damals schon beinahe revolutionär. Wir handeln bei uns nach den 3 P – People, Planet und Profit (Menschen – Umwelt und – Gewinn), und zwar auch genau in der Reihenfolge. Und bitte interpretiere Gewinn jetzt nicht negativ, nur wenn wir verantwortlich wirtschaften und schlussendlich Geld verdienen, können wir unseren Mitarbeiten auch eine sichere Zukunft geben und korrekte Löhne zahlen. OM: Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt uns ja alle – und es ist nicht immer leicht, die Balance zu finden, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Ihr produziert seit über einem Jahr 100 % torffrei! DS: People und Planet stehen eben vorne. Wir passen natürlich auf, dass wir nicht immer die ersten sind, weil es dann zu viel kostet. Man muss die Erfahrungen der Gemeinschaft nutzen und Fehler nicht unnötig doppelt machen. Bereits seit sechs Jahren beschäftigten wir uns mit dem Thema torffrei, denn als Produzent in unserer Größenordnung müssen wir einerseits Zeichen setzen und andererseits brauchen wir einen sicheren Absatz. Gerade in Großbritannien war es früh klar, dass Produkte nur noch in torffreien Substraten gehandelt werden können. Also begann mein Bruder zusammen mit unserem Substratlieferanten bereits vor sechs Jahren, regelmäßige Tests mit allen Anthuriensorten in verschiedenen Chargen durchzuführen – bis wir nach jahrelangen praxisorientierten Erfahrungen so weit waren, dass wir alle Sorten umstellen konnten. Eine strategische Entscheidung war, dass wir es nach außen nicht kommuniziert haben – so hatten unsere Kunden während eines ganzen Jahres bereits torffrei produzierte Anthurien. Wir beobachteten die Reaktionen in Bezug auf Blühfreudigkeit und Qualität besonders stark und als wir dann mit der Info nach außen gingen, kamen erst mal die bekannten Reaktionen, vor allem Zweifel, bis wir darauf hinwiesen, dass wir bereits seit einem Jahr so ausliefern. Das war aus unserer Sicht die richtige Entscheidung – so konnten wir Kritikern und Zweiflern den Wind aus den Segeln nehmen. Im Moment ist ja immer wieder zu sehen, gerade in den sozialen Netzwerken, dass Innovation mit falschen Gerüchten und Fakenews unnötige Hindernisse in den Weg gelegt werden. OM: Die torffreie Produktion ist aber nur ein Teil eurer Nachhaltigkeitsaktivitäten … DS: Das ist korrekt, aber vieles andere ist in den Niederlanden inzwischen ja sowieso Standard – sei es der Ressourcenverbrauch oder der richtige Umgang mit Energie. OM: Beim Thema Energie gehen bei vielen von uns die Alarmglocken los. Und noch dazu sind die Preise fast aller Ausgangsmaterialien regelrecht explodiert. Wie sieht es bei euch finanziell aus – wie entwickelt sich der Absatz? DS: Obwohl wir unsere Hausaufgaben immer gemacht haben, sind natürlich auch bei uns die Kosten für Substrate, Produktionstöpfe, Löhne und Transport gestiegen. Es ist kein Zufall, dass wir einen Großteil unserer Pflanzen im 12-cm-Topf produzieren – das ist optimal für den Transport, genauer gesagt für die Beladung. Auch Preis und Qualität können so optimiert werden. Da wir uns aber im höheren Segment bewegen, ist dies im Gesamten betrachtet noch im Rahmen. Was sicher eines unserer USPs ist: die Qualität und die Anzahl der Blüten. Wenn ich das mit den Pflanzen vergleiche, die wir noch vor 10 bis 15 Jahren geliefert haben – manchmal ist es krass, die Bilder zu sehen. Kritisch ist dies vor allem, wenn es wie bei anderen Gärtnern um günstige Waren wie Beet und Balkon für Supermärkte geht. Aber auch wir sehen natürlich die immer wieder schwankenden Konsumentenstimmungen bei den Vorbestellungen unserer Produkte, obwohl gerade die Festtage nach wie vor in Ordnung sind. OM: Du sagst selbst, dass dich die Entwicklung in der Sortenwahl und den Qualitäten beeindruckt. Mir geht es genauso – war man früher bei 3 bis 5 Blüten in einem 12er-Topf schon begeistert, sind es heute zum Teil 10 bis 15 Blüten. Wie reagieren Konsumenten darauf? Wir suchen ja den Nachfolger der Phalaeopsis ... DS: Ja, in Sachen Blühfreudigkeit halten die Anthurien da locker mit – da blüht zwölf Monate lang immer was. Jedoch ist in Sachen Emotionalität durch diese Dauerblüte bereits wieder ein Nachteil entstanden, bei der Phalaenopsis erlebt der Konsument die Neubildung der Blüte – er hat sozusagen Erfolg bei der Weiterkultur. Dass die Anthurien immer blühen, ist da schon fast wieder ein Nachteil. OM: Du brennst für dein Produkt, das ist zu spüren. Was bereitet dir sonst noch Freude, was macht dir Spaß? DS: Wenn ich unterwegs bin und sehe dann in einem Hotel oder in einem Laden in Sizilien oder auf Kreta eine unserer Pflanzen mit unserem schicken kleinen Logo – da bin ich richtig stolz drauf! OM: Und das zu Recht! – Danke fürs Gespräch!
Autor:in
Oliver A. Mathys
begleitet „DEGA GRÜNER MARKT“ seit 2007 als Kolumnist. Der Gärtner und Floristmeister war im Export in den Niederlanden tätig und ist als Betriebsconsultant europaweit unterwegs. Er befragt an dieser Stelle Kollegen zur Situation und Zukunft der Branche.
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