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Meisterausstellung Zwettl

Mein Freund der Baum

An der Akademie für Naturgestaltung in Zwettl/Niederösterreich wird nicht nur das Gestalten mit der Natur gelehrt, florale Techniken und Kunstgeschichte vermittelt, es geht Franz-Josef Wein besonders auch darum, die Persönlichkeit der Absolventinnen zu fördern und diese in eine Richtung zu motivieren, sich mit ihrem persönlichen Ausdruck in ihren Werkstücken zu zeigen.

von Solveig Kelber, Wien erschienen am 10.11.2025
Die Feige steht gleichzeitig für Scham als auch für Erotik. Sarah von Aarburg zeigte diesen Gegensatz sehr deutlich und rief dadurch auf, den Begriff der Scham noch einmal neu zu denken. © Franz-Josef Wein
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„Mein Freund der Baum“ war das Motto der diesjährigen Themenarbeit der Meisterausstellung. An der Prüfung teilgenommen haben 17 Floristinnen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien. Die Meisterschülerinnen hatten für ihre Themenarbeit verschiedene Baumsorten gelost. Ihre Aufgabe war es, zum jeweiligen Baum zu recherchieren, Rezeption in Kunst und Kultur zu erforschen, Pflanzenwissen zu sammeln, Heilwirkungen zu erkunden.

Auf diesem Hintergrund sollten sie in einen fiktiven Dialog mit dem Baum treten. Welche Aspekte meiner Person fühlen sich zum Baum hingezogen, mit welchen Aspekten kann ich gar nichts anfangen. Was weckt Widerstand in mir? Es ging darum, ein Gespräch zu beginnen, Texte dazu zu formulieren. Im nächsten Schritt wurde diese Korrespondenz in die florale Gestaltung einer Bar-Situation an einem zuvor festzulegenden Ort umgesetzt. Texte, Recherchehintergründe und inhaltliche Prozesse waren der jeweiligen Arbeit zugeordnet. So konnten die Besuchenden die Prozesse nachvollziehen und ein tieferes Verständnis für die Gestaltung entwickeln.

Drei der Absolventinnen und Absolventen haben dieses Jahr mit Auszeichnung bestanden: Sarah von Aarburg, Nadine Moser und Kevin Wieland.

Themenarbeit

Die Silber-Pappel stand bei den Griechen für eine Nymphe. Die traurige Liebesgeschichte dieser Nymphe und Hades erzählte 
<b>Nadine Moser</b>
 in ihrer Bargestaltung.
Die Silber-Pappel stand bei den Griechen für eine Nymphe. Die traurige Liebesgeschichte dieser Nymphe und Hades erzählte Nadine Moser in ihrer Bargestaltung. © Franz-Josef Wein
<b>Maja Hübscher</b>
 setzte mit ihrer Themenarbeit die Kiefer in Szene.
Maja Hübscher setzte mit ihrer Themenarbeit die Kiefer in Szene. © Franz-Josef Wein

Pflanzung

Nach Eintritt ins Stift erwarteten die Besuchenden im Kreuzgang die Pflanzarbeiten der Klasse. Um alle Pflanzungen, für drinnen und draußen, gemeinsam präsentieren zu können, wurden der Kapitelsaal und der angrenzende Kreuzgang genutzt. Beurteilt werden in der Prüfung auch die Pflanzensoziologie, die Zusammenstellung der Pflanzen in Bezug auf Standort und Pflegeansprüchen.

Mittelalterlicher Kreuzgang mit Bepflanzung von 
<b>Nadine Moser</b>
Mittelalterlicher Kreuzgang mit Bepflanzung von Nadine Moser © Solveig Kelber
<b>Maja Hübscher</b>
 setzte monochrom Storchenschnabel in ein aus feinen Pfeifenwindenranken gewundenes Objekt. Mit ihrem wilden Charme bildeten die Pflanzen einen interessanten Kontrast zum Gefäß. Storchenschnabel umschmeichelt gewöhnlich in Beeten Rosen, Stauden und Gräser. Hier ist er in der Hauptrolle zu sehen.
Maja Hübscher setzte monochrom Storchenschnabel in ein aus feinen Pfeifenwindenranken gewundenes Objekt. Mit ihrem wilden Charme bildeten die Pflanzen einen interessanten Kontrast zum Gefäß. Storchenschnabel umschmeichelt gewöhnlich in Beeten Rosen, Stauden und Gräser. Hier ist er in der Hauptrolle zu sehen. © Solveig Kelber
Bepflanzung im Waldrebengefäß von 
<b>Tatjana Galuffo</b>
Bepflanzung im Waldrebengefäß von Tatjana Galuffo © Solveig Kelber
Die Epiphyten-Pflanzung von
<b> Nicole Lackner</b>
 schwebt über einer Wasserschale.
Die Epiphyten-Pflanzung von Nicole Lackner schwebt über einer Wasserschale. © Franz-Josef Wein

Brautschmuck

Beim Brautschmuck sind in Zwettl gesteckte Arbeiten, mit Naturstiel gebundene Sträuße, aber auch Körperschmuck zugelassen.

Im Brautschmuck von 
<b>Kevin Wieland </b>
wurden alle Floralien zu einem Strauß gebunden.
Im Brautschmuck von Kevin Wieland wurden alle Floralien zu einem Strauß gebunden. © Franz-Josef Wein
<b>Sarah von Aarburg </b>
wählte für ihren Brautstrauß vielfältige Floralien mit morbider Farbgebung. 
Mit Faszination stehen die Besuchenden immer wieder vor den gewählten Floralien. Oft entstehen Gespräche, weil selbst das Fachpublikum manche Blumen, manches Grün noch nie gesehen hat und nicht bestimmen kann. Für die Meisterinnen aus Zwettl gehört es dazu, attraktive Gräser und Wildstauden zu sammeln, um die florale Ausdruckskraft zu erhöhen. Die Materialvielfalt und Unterschiedlichkeit in den Werkstücken sind dadurch enorm. Die Umgebung des Stifts lädt ein, die Natur zu erkunden.
Sarah von Aarburg wählte für ihren Brautstrauß vielfältige Floralien mit morbider Farbgebung. Mit Faszination stehen die Besuchenden immer wieder vor den gewählten Floralien. Oft entstehen Gespräche, weil selbst das Fachpublikum manche Blumen, manches Grün noch nie gesehen hat und nicht bestimmen kann. Für die Meisterinnen aus Zwettl gehört es dazu, attraktive Gräser und Wildstauden zu sammeln, um die florale Ausdruckskraft zu erhöhen. Die Materialvielfalt und Unterschiedlichkeit in den Werkstücken sind dadurch enorm. Die Umgebung des Stifts lädt ein, die Natur zu erkunden. © Franz-Josef Wein

Gefäßfüllung

Die Gefäßfüllungen der Akademie zeichnen sich auch durch die außergewöhnlichen Formen, Auswahl und Gestaltungen der Gefäße aus. Häufig investieren die Prüflinge viel Zeit und Mühe in individuelle Planung und präzise Anfertigung. Auch wenn die Gefäße selbst nicht in die Bewertung einfließen, tragen sie wesentlich zum Gesamteindruck bei. Technische Vorbereitungen sind bis zu dem Moment gestattet, an dem die pflanzlichen Materialien eingesetzt werden. Das Arrangieren oder Stecken erfolgt ausschließlich während der Prüfungszeit.

Zarte schwebende Gefäßfüllung in hängenden Glasgefäßen von 
<b>Nicole Lackner</b>
Zarte schwebende Gefäßfüllung in hängenden Glasgefäßen von Nicole Lackner © Solveig Kelber
Perfekte Symbiose: Bei der Gefäßfüllung von 
<b>Sarah von Aarburg </b>
treffen metallischer Glanz auf tiefes Violett und edle Blüten.
Perfekte Symbiose: Bei der Gefäßfüllung von Sarah von Aarburg treffen metallischer Glanz auf tiefes Violett und edle Blüten. © Franz-Josef Wein

Strauß

In Zwettl versteht man unter einem Strauß ein gebundenes florales Werkstück mit einer definierten Bindestelle. Die Arbeiten der Meisterinnen zeichnen sich durch eine luftige, leichte und natürliche Anmutung aus. Besonders bei den Straußformen fällt der achtsame Umgang mit den pflanzlichen Werkstoffen auf. Gesammelte Naturmaterialien finden ebenso ihren Platz wie sorgfältig kultivierte Besonderheiten. Jede Blüte ist präzise positioniert, die Farbkonzepte sind mit großer Sorgfalt durchdacht und harmonisch abgestimmt.

Der Strauß der Jahrgangsbesten 
<b>Sarah von Aarburg</b>
 ist unglaublich zart und strukturiert. Bei der geringen Größe ist das eine sowohl gestalterische als auch handwerkliche besondere Herausforderung.
Der Strauß der Jahrgangsbesten Sarah von Aarburg ist unglaublich zart und strukturiert. Bei der geringen Größe ist das eine sowohl gestalterische als auch handwerkliche besondere Herausforderung. © Franz-Josef Wein
Wild naturhaft: der luftige Strauß von 
<b>Jana Celine Jenny</b>
 aus Österreich
Wild naturhaft: der luftige Strauß von Jana Celine Jenny aus Österreich © Solveig Kelber
Alle Floralien waren im Strauß von 
<b>Ladina Vondrasek</b>
 ausschließlich gesammelt. Der Strauß selbst ist sehr strukturiert. Wenn die Farben eng aufgefasst werden, fallen die Texturen im Werkstück stärker auf. 
Alle Floralien waren im Strauß von Ladina Vondrasek ausschließlich gesammelt. Der Strauß selbst ist sehr strukturiert. Wenn die Farben eng aufgefasst werden, fallen die Texturen im Werkstück stärker auf.  © Solveig Kelber

Kranz

Auch die Trauerarbeiten haben in Zwettl eine außergewöhnliche Ausstrahlung. Handwerklicher Zeitaufwand, die Genauigkeit, mit der ein Werkstoff gesucht, erkundet, nach Größe und Farbverläufen sortiert wird, sind im Werkstück spürbar.

<b>Géraldine Lang</b>
 hat einen Trauerkranz aus 
<i>Dodonea</i>
-Samenständen gestaltet. Der Samenstand ist dreiteilig. Sie hat die Zweige getrocknet und abgeschüttelt, was nicht selber herabfiel, wurde abgepflückt. Sie erzählt: „Ich habe mit meinen Freundinnen 100 bis150 Stunden die Samenstände sortiert. Es gab am wenigsten Rosa, deshalb haben wir damit angefangen.“ Die Samen sind mit Bausilikon auf einem Styroporkranz fixiert.
Géraldine Lang hat einen Trauerkranz aus Dodonea -Samenständen gestaltet. Der Samenstand ist dreiteilig. Sie hat die Zweige getrocknet und abgeschüttelt, was nicht selber herabfiel, wurde abgepflückt. Sie erzählt: „Ich habe mit meinen Freundinnen 100 bis150 Stunden die Samenstände sortiert. Es gab am wenigsten Rosa, deshalb haben wir damit angefangen.“ Die Samen sind mit Bausilikon auf einem Styroporkranz fixiert. © Solveig Kelber
Pulsatilla-Samen umschließen das kleinteilige Blütenband im Kranz von 
<b>Sarah von Aarburg</b>
. Er verkörpert den Übergang vom vergänglichen, irdischen Leben hin zum ewigen geistigen Leben.
Pulsatilla-Samen umschließen das kleinteilige Blütenband im Kranz von Sarah von Aarburg . Er verkörpert den Übergang vom vergänglichen, irdischen Leben hin zum ewigen geistigen Leben. © Franz-Josef Wein
Formarbeit in Perfektion: 
<b>Nadine Moser</b>
 fügte unzählige Hortensienblüten zu einem Kranz ohne Anfang und Ende.
Formarbeit in Perfektion: Nadine Moser fügte unzählige Hortensienblüten zu einem Kranz ohne Anfang und Ende. © Franz-Josef Wein
Zarter, in aufgehellten Farben gesteckter Kranz von 
<b>Kevin Wieland.</b>
Zarter, in aufgehellten Farben gesteckter Kranz von Kevin Wieland. © Solveig Kelber
Der Kranz von
<b> Karin Füreder</b>
 hatte das Thema „Wald und Waldboden“. Alle Materialien sammelte sie selbst in einem Mischwald.
Der Kranz von Karin Füreder hatte das Thema „Wald und Waldboden“. Alle Materialien sammelte sie selbst in einem Mischwald. © Franz-Josef Wein

Selbsterkenntnis als Ressource

Franz-Josef Wein führte am Ausstellungswochenende über mehrere Stunden mit ausführlichen Erklärungen durch die Themengestaltungen. Er erläuterte detailreich, was für Persönlichkeiten hinter den Werkstücken stecken und welchen Weg des Selbstausdrucks diese in den floralen Gestaltungen finden. Ihm ist es ein großes Anliegen, dass sich die Schülerinnen in dem zweijährigen berufsbegleitendem Meisterkurs als Person besser erkennen und diese Selbstkenntnis als Ressource in ihren floralen Werkstücken nutzen.

Letzter Kurs mit Franz-Josef Wein

Der zweijährige Kurs an der Akademie für Naturgestaltung verbindet Kunstgeschichte, florale Technik und Stilkunde mit individueller Entwicklung. Das Ergebnis: starke floristische Positionen mit persönlicher Handschrift. Der Kurs 2026/2027 ist ausgebucht und wird nicht nur der letzte Jahrgang mit Franz-Josef Wein sein: Anschließend wird es keine weiteren Meisterkurse in Zwettl mehr geben.  

Im Eingangsbereich bei der Kasse komme ich mit Absolventinnen ins Gespräch. Delphine Engstfeld, 24 Jahre, ist gebürtig aus Norddeutschland. Da sie keinen Führerschein hat und sie Wege sparen wollte, ist sie für den Meisterkurs nach Österreich gezogen. Sie arbeitet bei Blumen Kral in Krems-Stein: „Ich habe mich für die Akademie für Naturgestaltung entschieden, weil mir die Wildheit und Natürlichkeit der Floristik gefallen hat. Außerdem wird hier sehr viel Wert auf Farbgestaltung gelegt. Das hat mich angesprochen.“  Sie beschreibt sich als fröhlich und aufgeschlossen. Als Baum für die Themenarbeit hat sie die Erle gezogen. „Die Erle ist eher düster und wird mit dem Tod und dunklen Geistern verbunden, damit konnte ich erst einmal gar nichts anfangen. Der Baum erschien mir trostlos und negativ besetzt.“ Engstfeld recherchierte weiter: „Bei meiner Suche habe ich gefunden, dass sich aus Erle Tinte gewinnen lässt. Schwarz, grün, orange.“ Da Engstfeld Linkshänderin ist, so erzählt sie lachend, hat sie mit Tinte und Tintenflecken sehr viel Erfahrung in ihrer Schullaufbahn gemacht. „Ich habe diese Idee für meine Gestaltung herausgegriffen und habe mit Tintenfässern und Pflanzen einen farbigen Tintenfleck gestaltet.“

Barbara Schildendorfer hat vor acht Monaten eine Tochter geboren. Die Kurse der letzten zwei Jahre und die Prüfung hat sie gut bewältigen können. Sie erzählt: „Ich habe die zwei Jahre fachlich absolut lehrreich gefunden. Besonders wichtig war mir, gemeinsam zu lachen und den Humor zu behalten.“ Schildendorfer möchte sich in St. Pölten mit einem Geschäft selbstständig machen.

Géraldine Lang arbeitet bei Gabriel Blumen und Garten AG in Sempach, Schweiz: „Ich bin auf die Meisterschule aufmerksam geworden, weil mein Chef hier auch den Meister gemacht hat. Er hat mir Mut gemacht und mich unterstützt. Ich wollte mich neuen Herausforderungen stellen. Diese Erwartungen sind erfüllt worden. Ich möchte mir ein internationales Netzwerk aufbauen und im Beruf bleiben. Dafür haben die letzten zwei Jahre eine wichtige Grundlage geschaffen.“ In diesem Punkt treffen sich viele Meisterinnen, mit denen ich gesprochen habe: Das Lernen voneinander und miteinander ist entscheidend. Die Klasse geht gemeinsam durch Höhen und Tiefen und sammelt miteinander unendlich viel Fachwissen.

Ein ganz besonderer Ort

Das Zisterzienserstift Zwettl, gegründet im Jahr 1138, zählt zu den ältesten Klöstern in Österreich. Seine gut erhaltenen historischen Anlagen bieten eine spektakuläre Kulisse für die Meisterausstellung. Was diesen Ort so besonders macht, sind nicht nur seine Geschichte und Architektur, sondern vor allem die mittelalterlichen Klosterräume und die weitläufigen Kellergewölbe, die eine besondere Atmosphäre schaffen. Die Ausstellungsstücke treten hier nicht nur in einem neutralen Raum auf, sondern in einem Umfeld, das selbst Geschichte atmet – und dadurch die Exponate auf eine weitere Ebene hebt.

Autor:in
Solveig Kelber
studierte Germanistik in Berlin und absolvierte dann eine Ausbildung zur Floristin. Nach Lehr- und Gesellinnenjahren ging sie nach Wien. Dort bündelt sie in ihrer Werkstatt „Asthaus“ floristische und gartentherapeutische Aktivitäten. 2013 absolvierte sie selbst die Meisterprüfung bei Franz-Josef Wein in Zwettl. kelber@asthaus.at
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