Potenziale und Benchmarks für den Gartenfachhandel
Zum 10. Mal begrüßte der Handelsverband Bauen, Heimwerken und Garten (BHB) Führungskräfte des Gartenfachhandels zum BHB-GardenSummit. Das Konzept ist bewährt: Expertinnen und Experten teilen ihre Erfahrungen, zeigen aktuelle Trends und berichten über gut funktionierende Strategien.
von BHB/Redaktion erschienen am 26.06.2025Dass sich die Branche in herausfordernden Zeiten befindet, war schon auf der spoga+gafa zu spüren, die der Summit traditionell abschließt. Hier fehlten große Aussteller. Auch beim GardenSummit waren die Reihen lichter als bei vorangegangenen Ausgaben, auch aufgrund paralleler Branchenveranstaltungen. Rund 110 Branchen-Führungskräfte waren ins Congress-Center Nord der Koelnmesse gekommen.
Sein Debut als BHB-Keynotespeaker gab diesmal OBI-Vorstandsmitglied Jochen Ludwig. Er resümierte den Jahresstart der Bau-und Gartenfachmärkte mit besonderem Blick auf die Garten-Sortimente. Ihr Anteil bei den Baumärkten sei über viele Jahre kontinuierlich gestiegen und in guten Monaten, so Ludwig, mache der Umsatz mit Gartensortimenten sogar 50 Prozent des Gesamten aus. Grund genug, diesen Bereich sehr gut zu pflegen und sorgsam zu entwickeln. „Der Garten hat sehr gute Themen und Potenziale“.
In Bezug auf die Messe spoga + gafa mahnte Ludwig, gut auf diese aufzupassen – einige Entwicklungen wie das Fernbleiben von großen Branchenplayern als Aussteller gäben aktuell sichtbar Anlass zur Sorge. Er appellierte an den Handel, weiterhin mit möglichst vielen Mitarbeitern präsent zu bleiben – auch weil die Messe immer wieder wichtige Aufgaben erfülle – besonders als Ort für qualitativ hochwertigen Austausch zwischen Handel und Produktion.
Die spoga+gafa ist ein wichtiger Kontaktpunkt für das Netzwerk und den qualitativen hochwertigen Austausch. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das erhalten bleibt. Jochen Ludwig, CCO Obi
Auch die Messeveranstalter selbst müssten sich anpassen und in Bezug auf Preisstrukturen, Organisation uvm. eine ‚realistische Schärfung‘ vornehmen. Noch sei nichts verloren, aber alle Beteiligten sollten jetzt handeln, um diese wichtige Plattform für alle zu erhalten.
Das Wetter bleibt bei den grünen Sortimenten ein entscheidender Faktor, der den Nachteil hat, dass man ihn nicht beeinflussen kann. Viele andere Faktoren aber lassen sich steuern – einer der zentralen Ansätze, die Peter-Paul Kleinbussink jeden Tag umtreiben. Der Intratuin-Geschäftsführer zeigte, dass sich aus einer intensiven Zusammenarbeit einzelner Teile der Genossenschaften in den Niederlanden und mittlerweile auch in Deutschland und Belgien echter Mehrwert für alle Beteiligten ziehen lässt. Alle Unternehmer der Marke (in Deutschland gibt es derzeit 12 Intratuin-Gartencenter) sind übrigens Anteilseigner der Genossenschaft und entscheiden die Strategie ständig mit – vom Storytelling beim Einkaufserlebnis bis zu den Private Labels, die mittlerweile einen Anteil von 25 Prozent ausmachen.
Die wilde Fahrt des Gartenmarktes
Ideen und Visionen sind das eine – doch eine klare Analyse und Identifizierung der Potenziale ist und bleibt unerlässlich, besonders im volatilen grünen Markt. Welche Sortimente entwickeln sich gut, welche Teilbereiche kann und soll der Handel nachjustieren, was wollen die Konsumenten? Die In-Deep-Analyse lieferte auch diesmal Sascha Kehrstephan von GfK/Nielsen IQ. „Die wilde Fahrt des Bau- und Gartenmarktes“ war sein Vortrag überschrieben.
Noch letztes Jahr habe man gehofft, die „Loopings“ wieder in eine stabile Situation umzuwandeln, doch die extrem volatile Weltlage habe leider immer wieder hemmende Einflüsse: zu hohe Inflation, schlechte Verbraucherstimmung, schwierige Rahmenbedingungen auch beim großen Welthandel und vor allem wachsender Protektionismus. Folgerichtig die Umsatzentwicklung von Januar bis Mai: Gartencenter verlieren -4,5% (allerdings im Vergleich zu enorm hohem Vorjahresniveau), der Baustofffachhandel ist auch noch mit -3,1% im Minus, die Baumärkte schneiden mit -1,0% noch am besten ab – zudem mit einer stark positiven Tendenz im April und Mai. Kaufzurückhaltung gab es bei Haushaltswaren (-9%), besonders großes Potenzial gab es bei Indoorpflanzen (+90%) und bei Garden-Building (+10%). Wichtige Botschaft: Nachhaltigkeit bleibt ein relevanter Wert für die Kundinnen und Kunden.
Wichtig auch die Relevanz von Onlinehandel und Marktplätzen – besonders Anbieter wie Temu wachsen deutlich – und zwar auch mit klassischen Baumarkt-Gartenartikeln. „Behalten Sie deshalb die Preispunkte im Auge“, riet Kehrstephan den Handelsbesuchern. Aufmerksamkeit verdiene aber auch die wachsende Affinität der Kunden zu Kaufanbindung über Social Media. Positiver Ausblick: Bislang sei es der Branche gelungen, oberhalb der Anschaffungsneigung der Menschen zu agieren – dies zeichne sich auch weiterhin ab.
Outdoor Adventure als neues Trendthema
Spricht man über Gardening, kommt man schnell zum Thema Emotion – denn in kaum einem anderen DIY-Segment werden alle Sinne so explizit angesprochen wie eben im grünen Segment. Und Emotion und Kulinarik – auch das hängt an so vielen Stellen zusammen. Ein Unternehmen, das diese Schiene sehr erfolgreich bedient, ist Petromax. Mit dem bewusst kommunizierten Flair von Freiheit und Abenteuer konnten die langjährigen Experten (das Unternehmen besteht seit 1910) für Outdoor-Zubehör besonders bei den Kunden punkten.
Wie man dieses Narrativ von Sehnsucht nach Erlebnis in der freien Natur als Kontrapunkt zum medialen Überkonsum ausspielt und wie man weitere Marktanteile in einem Zubehör- Segment des großen Barbecue-Marktes erobern will, darüber berichtete Frank Rommersbach, Geschäftsführer der Petromax GmbH. Als neue Markenbotschafter werden in großangelegten Kampagnen mit Bastian Schweinsteiger und Christian Neureuther gleich zwei sehr bekannte Gesichter eingeführt.
Wie geht’s weiter im Grillmarkt?
Über Chancen und Herausforderungen des BBQ-Marktes konnten dann im Anschluss Norbert Jedrau, Geschäftsführer des Grillherstellerverbandes BIAG, Daniel Schellhoss, Geschäftsführer des Kölner Grill-Riesen Santos Grills; Dirk Weber, Head of Garden Divison bei OBI und BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst trefflich streiten und diskutieren. Eine Krise will Dirk Weber für das Segment nicht sehen – allerdings setze die Marktsättigung neue Herausforderungen. Chancen aber auch: Denn gerade der Zubehörmarkt und die Möglichkeiten zu Upgrades böten gutes Potenzial. Authentizität und echte Nachhaltigkeit – gerade beim Holzkohlegrillen – mahnt Norbert Jedrau an. Wie Daniel Schellhoss betonte, geht es darum, die Menschen auch bei diesem Thema zu leiten und gerade bei den neuen Themen wie smarten Grillgeräten mitzunehmen.
Was macht ein Handelsunternehmen erfolgreich? Ganz oft betonten Managerinnen und Manager den Faktor Mensch als entscheidende Stellschraube. Doch wie macht man diese Unternehmenskultur zum Erfolgsfaktor? Ist ein Wandel Chance oder Risiko? New Work oder Performanceorientierung? Diese Spannungsbögen zog Susanne Eidenberger, Geschäftsführerin der österreichischen Gartencenterkette bellaflora. Es geht an vielen Stellen um Sinnorientierung – etwas Sinnvolles zu verkaufen und um eine gute Verknüpfung von beruflichen und privaten Zielen bei den Mitarbeitern. Dazu muss ein Unternehmen auch Selbstbestimmung und autonomes Handeln auf allen Ebenen zulassen, Lernkultur und Weiterbildung ernsthaft fördern – was viel flachere Hierarchien fordert alle bislang gewohnt. Mitarbeiter-Engagement entstehe aus der (miteinander abgestimmten) Kultur – und nicht umgekehrt.
Ist KI für die „grüne Brache“ ein Thema – oder ist der Hype der aktuellen Phase hier schlicht überflüssig? Keineswegs, betonte zum Abschluss des Kongress-Programms Torsten Moortz, Inhaber der Agentur „handwerk.live“. Sein Vortrag lieferte konkrete Einblicke, wie Gartencenter, aber auch Lieferanten die künstliche Intelligenz für zielgruppenspezifisches Marketing nutzen. Ob Content-Erstellung, schnelle Erstellung von Social-Media-Beiträgen oder personalisierte Kundenansprache -hier lassen sich zahlreiche Tools bereits problemlos einbinden. Wie schnell, zeigte Moortz lIve in Sekundenschnelle für einige Unternehmen beim Summit – mit erstaunlich nutzbaren Ergebnissen.
Das Gourmet-BBQ im Innenhof des Congress Centrums Nord der Koelnmesse bildete mit Networking und Austausch wieder den traditionellen Ausklang des GardenSummits. nicht mehr wegzudenken.
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