Wie bekommen Sie den Spagat zwischen Arbeit/Stress und Ausgleich hin, um Zeit für sich und das Privatleben zu haben? Etwa durch eine gründliche Planung und Organisation des Betriebs, das Delegieren an verantwortungsbewusste Mitarbeiter oder das Hinwirken darauf, dass es auch mal ohne den Chef läuft. Wie machen Sie das? Wie fühlen Sie sich dabei?
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Hajo Hinrichs, Edewecht: Sich immer wieder kurze Auszeiten gönnen
Bei uns im Gartenbau sind saisonale Schwankungen normal. Gerade in den Saisonarbeitsspitzen ist an Urlaub eigentlich gar nicht zu denken, da können aber bereits ein paar Stunden Freizeit mehr bewirken, um wieder neue Kraft zu tanken. Ich persönlich kann gut durch kleine Unternehmungen mit der Familie ebenso wie durch Spaziergänge mit unserem Hund vom Berufsalltag abschalten. Wie gesagt, wichtig sind auch kurze Phasen der Entspannung. Manchmal können nur zehn Minuten schon hilfreich sein. Auf meine sehr engagierten Mitarbeiter, die zum Teil langjährig im Betrieb tätig und auch gut ausgebildet sind, kann ich mich verlassen. Das verschafft mir ein beruhigendes Gefühl, wenn ich mal nicht im Betrieb bin. Was durch meine ehrenamtlichen Tätigkeiten immer wieder vorkommt.
Hajo Hinrichs ist Inhaber der Baumschule Hinrichs sowie Vizepräsident im Bund deutscher Baumschulen (BdB) und im Wirtschaftsverband Gartenbau.
Philipp Köster, Bottrop: Hauptsaison gut vorbereiten
In der Hauptsaison steht die Arbeit im Vordergrund. Da bleibt eigentlich nicht viel Zeit für anderes. Damit der Druck dennoch nicht zu groß wird, versuchen wir, diese so gut es geht vorzubereiten. Um zum Beispiel für die Bestellung der Jungpflanzen gut gerüstet zu sein, helfen uns unter anderem die Erfahrungen aus den Vorjahren. Zur Vorbereitung gehören aber nicht nur die Arbeiten im Betrieb, sondern auch der Freizeitausgleich. Das heißt, ich mache in dieser Zeit den einen oder anderen Kurzurlaub, kleine Ausflüge, Sport oder treffe mich dann mit Freunden und Bekannten. Mir macht es nichts aus, vorwiegend im Winter mehr Freizeit zu haben. Ich arbeite mit meinen Eltern zusammen im Betrieb. Wir halten uns gegenseitig den Rücken frei. Auch das Delegieren fällt leicht, weil wir uns auf unsere langjährigen verantwortungsbewussten Mitarbeiter verlassen können.
Philipp Köster ist Betriebswirt und Staudengärtner. Zusammen mit seinem Vater Ralf betreibt er das Eigenmarkenkonzept Let’s Brand und arbeitet auch in der Staudengärtnerei Köster mit.
Rüdiger Ramme, Lohmar: Feste Auszeiten sind wichtig
Weil ich drei kleine Kinder habe, liegt es mir sehr am Herzen, regelmäßig Zeit mit meiner Familie zu verbringen. So gut es geht versuche ich daher, immer zum Mittag- und Abendessen zu Hause zu sein. Manchmal muss ich auch nach dem Abendessen noch etwas arbeiten und fahre dann nochmal in den Betrieb oder arbeite daheim am Laptop. Von März bis Juni ist bei uns Urlaubssperre. Weil unsere Kinder schulpflichtig sind, fahren wir in den Ferien weg. Urlaub daheim funktioniert bei mir nicht. Meine Mitarbeiter haben eine hohe Entscheidungsbefugnis und kommen auch zwei bis drei Wochen ohne mich klar. Im Urlaub mache ich den Einkauf per Fernversteigerung an der Uhr. Das geht auch vom Boot in Kroatien. Ich bin im Urlaub nicht rund um die Uhr erreichbar, prüfe aber täglich meine Mails. Meine wunderbare Frau arbeitet zwar nicht im Betrieb mit, unterstützt mich aber wo sie kann. Ich bin stolz darauf, dass alles so gut funktioniert.
Rüdiger Ramme ist Geschäftsführer von Rammes Grünland und WDR-Fernsehgärtner
Karl Rehner, Bad Kreuznach: Arbeitsstress, was ist das?
Ich empfinde meine Arbeit gar nicht als stressig, denn mein Beruf ist Berufung. Was ich tue, mache ich gerne. Wir sind ein Familienunternehmen, Familie und Betrieb sind immer miteinander verknüpft. Vier von unseren fünf Kindern arbeiten im Betrieb mit. Schon als sie noch klein waren, haben wir sie immer mitgenommen. Vieles ist dadurch einfacher, weil fast immer jemand von der Familie im Betrieb anwesend ist – das ist nicht nur für unsere 40 Mitarbeiter, sondern auch für die Kunden gut. Wir haben natürlich auch eine gute Organisation. In der Saison ist das Arbeitspensum immens, da kann die Arbeitswoche schon mal an die 70 Stunden haben. Ich persönlich kann dennoch ruhigen Gewissens meine Freizeit genießen, weil die Kinder und unsere Mitarbeiter dann die Verantwortung übernehmen. Dann muss ich nicht immer erreichbar sein. Kürzlich war ich mit meiner Frau verreist, während über den Betrieb ein Hagelsturm hinweggefegt ist. Unsere Tochter und die Mitarbeiter haben die Situation souverän gemeistert, den Betrieb schnell evakuiert und den Kunden einen Gutschein fürs Café geben. Wir haben erst später davon erfahren.
Karl Rehner ist Seniorchef und Inhaber des Gartencenters Rehner in Bad Kreuznach.
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